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Flüchtlinge sollen heimkehren

■ Neues Konzept der Bundesregierung sieht verstärkte Rückkehrhilfen für Flüchtlinge vor „Armuts“-Flüchtlingen soll mit Hilfen in der Heimat die Rückkehr erleichtert werden

Bonn (afp/taz) — Die Bundesregierung will Flüchtlinge aus der BRD in die Heimat zurückschicken. Zu diesem Zweck sollen Rückführungs- und Reintegrationshilfen eingeführt werden. Ausländer, die als sogenannte Armutsflüchtlinge ihre Heimat verlassen haben, sollen Anreize zur freiwilligen Rückkehr erhalten, teilte Bundesinnenminister Schäuble gestern nach der Kabinettssitzung mit, in der die Flüchtlingskonzeption beschlossen wurde.

Dabei sei jedoch nicht in erster Linie an Bargeldleistungen gedacht. Vielmehr soll den Flüchtlingen durch geeignete Reintegrationsmaßnahmen geholfen werden, im eigenen Land wieder Fuß zu fassen und dort eine dauerhafte Existenz zu finden. Solche Maßnahmen kämen nicht nur den Betroffenen zugute, sondern stärkten zugleich die wirtschaftliche und soziale Struktur der Herkunftsländer, betonte Schäuble. Reintegrationshilfen seien deshalb immer zugleich auch ein Mittel der Ursachenbekämpfung. Menschenrechtsverletzungen als Ursache für die Flucht in die BRD kamen in der Schäuble-Vorstellung des Konzepts nicht vor — offenbar glaubt der Minister, einzig die Armut motiviere zur Beantragung von Asyl.

Schäuble begrüßte gestern die Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung zur Rückführung von Sinti und Roma nach Jugoslawien und eventuell auch nach Rumänien. Sie beschreite damit den „richtigen Weg“. Schäuble betonte, bei der Größe der zu bewältigenden Aufgabe und angesichts der Internationalität der Flüchtlingsproblematik liege es auf der Hand, daß weder die Politik eines einzelnen Landes noch ein unkoordiniertes Vorgehen mehrerer Staaten die Probleme lösen könnte. Die Bundesregierung werde daher ihre Initiative mit anderen interessierten Regierungen und mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen erörtern, um ein gemeinsames oder koordiniertes Vorgehen abzustimmen. Eine erste Gelegenheit biete das Treffen der EG-Einwanderungsminister, zu dem die italienische Regierung eingeladen habe. Es werde voraussichtlich Anfang November in Sorrent stattfinden. Nach dem Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe haben bis Ende August fast 120.000 Ausländer in der Bundesrepublik Asyl beantragt.

Die Flüchtlings-Arbeitsgemeinschaft „Pro Asyl“ kritisierte die Flüchtlingskonzeption. Wie ernst es der Regierung sei, könne sie damit beweisen, daß sie auf eine Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei dränge, meinte die Organisation.

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