Senat will beim Konvertieren behilflich sein

■ Beamten-Arbeitsgruppe versucht, Rüstungs-Manager an einen Tisch zu bekommen / taz-Rüstungsserie Teil VII

Damit auf die „Werftenkrise“ keine „Abrüstungskrise“ mit ebenso empfindlichen Arbeitsplatzverlusten folgt, will der Bremer Senat diesmal vorbeugend aktiv werden. Seine Beamte sind gegenwärtig dabei, zu sondieren, inwieweit Vertreter konkurrierender Unternehmen bereit sind, sich zu diesem Zweck an einen Tisch zu setzen.

Drei Initiativen hat die Landesregierung bisher gestartet:

Erstens lud die Senatorin für Bundesangelegenheiten, Vera Rüdiger, am 21. Juni zu einem „Wirtschaftsgespräch“ in der Bonner Landesvertretung. Das Hauptreferat hielt der Chef von Krupp Atlas Elektronik in Bremen, Karl Friedrich Triebold.

Zweitens erstellte das senatseigene Forschungsinstitut, der „Bremer Ausschuß für Wirtschaftsforschung“ eine Studie „Zur Rüstungsabhängigkeit des Landes Bremen“. Ergebnis: Bremen ist mit Abstand das rüstungsabhängigste Bundesland der Bundesrepublik.

Drittens führt eine Arbeitsgruppe von Beamten beim Wirtschaftssenator seit Ende August wöchentliche Hearings mit Geschäftsführern von Rüstungsfirmen, mit Betriebsräten, Kammern und Verbänden durch. Leiter der „Arbeitsgruppe wirtschaftliche Folgen der Abrüstung für das Land Bremen“ ist Dr. Wolfram Elsner.

Seine Arbeitsgruppe steht unter Zeitdruck. Bis spätestens Anfang November sollen dem Senat „Handlungsvorschläge“ unnterbreitet und „Anschlußaktivitäten“ vorgeschlagen werden. Die wichtigste „Anschlußaktivität“ hat der Senat allerdings schon selbst vorherbestimmt: Er entschied, es werde im Anschluß an die Arbeitsgruppe nicht, wie von der Friedensbewegung gefordert, ein „Konversionsbeirat“ gebildet, sondern nur eine „Konversionsgesprächsrunde“. Wolfram Elsner: „Das hat inhaltliche Gründe.

Ein Beirat kann möglicherweise eigene Gesetzes- und Beschlußinitiativen starten. Der Senat hat diese verbindliche Form wohl noch nicht für angemessen gehalten.“ Doch auch für die geplante „lockerere Form“ der „Gesprächsrunde“ sind die Modalitäten noch längst nicht geklärt. Wolfram Elsner: „Ich bin noch dabei zu eruieren, inwieweit bei den Unternehmen eine Bereitschaft besteht, sich an einen Tisch zu setzen — mit ihren eigenen Betriebsräten, mit der Stiftung Rüstungskonversion, mit ihren Konkurrenten. Das sind alles brisante Zonen. Denn die Firmen untereinander reden nicht über ihre konkreten Projekte.“ Elsner, der zum zweiten Mal Einzelgespräche mit Firmen führt, über seine Mission: „Es geht mir um ein Minimum an Koordinierung und Orientierung“.

Auf dem letzten Hearing der Arbeitsgruppe am vergangenen Montag hatte ein „namhaftes Unternehmen“, wie sich Elsner vorsichtig ausdrückt, einen Vorschlag gemht, um ein „Minimum an Koordinierung“ zu erreichen. Bei diesem „namhaften Unternehmen“ handelt es sich, wie die Bonner Landesvertretung bestätigt, um die Firma „Krupp Atlas Elektronik“. Ihr Chef, Triebold hatte schon im Juni bei seiner Rede in der Bonner Landesvertretung angeregt, die Bundesrepublik und Europa sollten mit einer „Strategischen Initiative Umweltschutz“ reagieren auf SDI, die Strategische Verteidigungsinitiative der USA (SDI). Ähnlich wie das „Zonenrandgebiet“ bedürften zudem die „Regionen mit Rüstunsunternehmen“ staatlicher Subventionen.

Die bremische Initiative von Krupp Atlas Elektronik sieht vor, daß mindestens zwei bremische Rüstungsunternehmen mit ausgereiften zivilen Projektideen im Bereich Umweltschutz sich „in der Region abstimmen“ und dann „gemeinsam nach Bonn marschieren“, wie sich Wolfram Elsner ausdrückt. „Vorbedingung ist“, so Elsner, „daß man erstens mit den Projekten nicht massenhaft in bestehende Märkte eintritt und andere Unternehmen kaputtmacht, und zweitens daß man sich nicht gegenseitig ständig auf die Füße tritt, indem man sich in gleichen Feldern bewegt.“ Außerdem müßten die bremischen Hochschulen beteiligt werden. Unter diesen Bedingungen werde der Senat für eine Anschub-Finanzierung sorgen. Zu welchem Ministerium Elsner mit „hinmarschieren“ wird, weiß er noch nicht.

Möglicherweise kommt sogar das Verteidigungsministerium selbst in Frage, in dem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in die Höhe schießen. Elsner: „Der Bund ist schon interessiert, Geld reinzugeben für vernünftige Konversionsideen.“ Damit der Senat sich ein unabhängiges Bild von den „Projektideen“ bremischer Firmen machen kann, vergab die Wirtschaftsdeputation einen Forschungsauftrag: Der Professor für Umwelttechnik an der Bremer Uni, Norbert Räbiger, soll das „Konversionspotential der Rüstungsproduktion im Lande Bremen“ untersuchen. Der Professor soll anschließend das Wirtschaftsressort in die Lage versetzen, sich in Sachen Konversion zu entscheiden. Barbara Debus