Der populäre Konzertführer: Bier in Benares? Black Irish Carmina?
■ Die musikalische Woche mitsamt hämischen Verkuppelungs-Phantasien
Das Publikum mag mir verzeihen, aber wenn ich das Bremer Konzertprogramm der nächsten Woche sehe, drängen sich mir surreale und leicht sadistische Visionen auf: Wäre es nicht zu schön, wenn die gutsituierten Strickjackenträger, die sich schon das ganze Jahr auf das Irish Folk Festival 90 (5.10.) in der Glocke gefreut haben, plötzlich (wie beim Raumschiff Enterprise) in die Stadthalle zur Black Beat Night (5.10.) gebeamt würden und unter den gestylten Youngsters dort herausstechen würden wie ein Drumcomputer in einem irischen Pub?
Und würden die Black Beat Night-Fans von Earth, Wind & Fire, der Gap Band und von Midnight Star nicht herrlich piquiert aus den Designerklamotten kucken, wenn sie sich plötzlich vor der Bühne der White Metal Nacht die Ohren zuhalten müßten, wo in der selben Stadthalle zwei Tage später (7.10.) Slayer, Suicidal Tendencies, Megadeth und Testament einen Großangriff auf die Hörorgane ihrer Zuhörer unternehmen?
Die langhaarigen Metalfreaks würde ich nun gerne in die St. Magnus-Kirche verpflanzen, wo zur gleichen Zeit die Kantorei St. Magni, der Nordbremer Kinderchor und Solisten Carl Orffs bombastisch schönes Chorwerk Carmina Burana aufführen, das auf seine Art mindestens so gewaltig tönt wie in der Stadthalle die Marshall-Boxen der Hardcore-Speed-Metal-Bands.
Die Waldorfschüler aus Bremen- Nord wünsche ich mir in den Schlachthof, wo sie am 6.10. bei den exzessiven Trinkerhymnen der „Trash und Fun Metal“-Band Tankard (auf deutsch: Bierkrug) sicher voller Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammenschlügen.
Und wo bleiben wir mit den glücklichen Biertrinkern des Tankard- Konzerts ? Die würden im Atelierhof Alexanderstraße unter den Freunden der indischen Musik, die sich beim Konzert des Music Ensemble of Benares (6.10.) treffen, sicher großen Eindruck machen.
Und da die Indienfahrer der achtziger Jahre zum großen Teil mit den Irlandreisenden der siebziger Jahre identisch sind (ich spreche da aus eigener Erfahrung), wäre es für das Publikum dieses Konzerts vielleicht tatsächlich wie eine Reise durch die Zeit, wenn sie in der Glocke am Freitag (s.o) statt Sarod, Tabla und Tamboura nach vielen Jahren wieder einmal Dudelsack, Harfe, Fiddle und Tin-whistle hören würden.
Willy Taub
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