: SPD: Schlechte Aussichten für Familien mit Kindern
Berlin (adn) — Familien mit Kindern drohe in den neuen Bundesländern ab 1. Januar 1991 eine erhebliche Verschlechterung bei der staatlichen Kinderförderung. Mit der Übernahme des bundesdeutschen Familienlastenausgleichs werden die weitaus meisten Familien Einbußen von bis zu 65 D-Mark pro Monat hinnehmen müssen, erklärte die stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Ingrid Mattäus-Maier gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Ursache für diese drastische Verschlechterung liege darin, daß der ab Januar auch zwischen Ostsee und Erzgebirge geltende Familienlastenausgleich insgesamt wesentlich ungünstiger ist als das jetzt noch in den neuen Bundesländern geltende System der Kinderförderung der Ex-DDR.
SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Barbe, vormals SPD-Parlamentarier in der DDR-Volkskammer, machte das Gesagte an Zahlen plastisch. So betrage gegenwärtig das Kindergeld beispielsweise für das erste Kind 50 D-Mark im Monat. Hinzu komme ein altersabhängiger Zuschlag zum Kindergeld als Ausgleich für die entfallenen Subventionen in Höhe von 45 D-Mark für Kinder unter 13 Jahren und 65 D-Mark für Kinder über 13. Außerdem erhalte jeder Arbeitnehmer für sein Kind seit dem 1. Juli die Hälfte des im bundedeutschen Steuerrecht geltenden Kinderfreibetrages in Höhe von 48 D-Mark. So ergebe sich für das erste Kind altersabhängig eine Summe von 143 beziehungsweise 163 D-Mark pro Monat. Wenn ab 1. Januar 1991 auch in den neuen Bundesländern das bundesdeutsche Kindergeld- und Steuerrecht gelte, erhalte das erste Kind wiederum 50 D-Mark Kindergeld und einen steuerlichen Freibetrag von 48 D-Mark, in der Summe 98 D-Mark pro Monat. Beim ersten Kind trete eine vom Alter des Kindes abhängige Verschlechterung um 45 beziehungsweise 65 D-Mark ein, beim zweiten Kind komme es zu einer Einschränkung von 15 beziehungsweise 35 D-Mark.
Ein besonderer Nachteil für die Familien in den neuen Bundesländern bestehe auch darin, daß der bundesdeutsche Familienlastenausgleich ganz wesentlich auf steuerlichen Kinderfreibeträgen beruht, erklärte Frau Matthäus-Maier. Der Kinderfreibetrag gehe für einen großen Teil der Familien ins Leere. Es gelte im geeinten Deutschland das Kuriosum abzuschaffen, daß die Kinder von Höchstverdienern auf der Grundlage der steuerlichen Regelungen dreimal mehr Kindergeld erhalten, wie die Kinder von Arbeitnehmern mit geringen Einkommen.
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