: Grundgesetz ändern oder abschieben
■ Bürgerschaft debattierte über Asylrecht / CDU wollte Grundgesetz ändern
An dem Grundrecht auf politisches Asyl darf nicht gerüttelt werden. Darin waren sich gestern die Bremer Bürgerschaftsfraktionen von FDP, Grünen und SPD einig. Ein Antrag der CDU, die „Asylantenproblematik durch Ergänzung des Artikel 16“ zu bewältigen, wurde abgelehnt.
„Wir sind nicht in der Lage alle Probleme der Welt zu lösen“, begründete CDU-Fraktionschef Peter Kudella den Antrag. Auf der einen Seite werde beklagt, daß kein Geld für Soziales zur Verfügung stünde, und auf der anderen Seite werde „Geld zum Fenster hinausgeschmissen.“ Auch die SPD habe die Asylfrage nur vertagt. In absehbarer Zeit sei eine zwei Drittel Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes nicht ausgeschlossen.
„Es ist ein Irrtum zu meinen“, meinte dagegen Innensenator Peter Sakuth Die Zuwanderung könne nicht durch eine Änderung des Grundgesetzes eingeschränkt werden. Auch ohne Artikel 16 ergäben sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention für die Bundesrepublik entsprechende Verpflichtungen. Negative Folgen hätte so eine Veränderung vor allem für die „tatsächlich politisch Verfolgten, die einen besonderen Schutz benötigen“.
Auch die Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg zu Asylfragen, so Sakuth, werde Bremen nicht unterstützen. Danach sollen Personen aus Staaten, in denen angeblich keine politische Verfolgung herrscht, erst gar nicht in die Bundesrepublik einreisen dürfen. Hier gibt es vor allem verfassungsrechtliche Bedenken. Für Sakuth ist ein solcher Vorschlag unbrauchbar. „Es ist schon abenteuerlich, pauschal festzustellen, daß es in Sri Lanka oder Rumänien keine politische Verfolgung gibt.“
„Die Zuwanderung mit gesetzlichen Mitteln zu verhindern, ist nicht nur moralisch verwerflich“, meinte Paul-Hermann Tiefenbach (Grüne). Wie die Erfahrung aus anderen Ländern zeige, würde es vielmehr die illegale Einwanderung verstärken. „Eins muß klar sein: Wenn wir heute die Mauern aus Beton und Stacheldraht durch Grenzbeamte ersetzen, dann übernehmen wir praktisch die Rolle der Altstalinisten.“
Auch Tiefenbach hält eine Länderliste für völlig untauglich. Es gäbe in Afrika und im nahen Osten praktisch kein Land in dem man Verfolgung gänzlich ausschließen könne. Jeder Einzelne, der verfolgt werde, habe ein Recht auf Asyl. Die Art und Weise des CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Kudella 97 Prozent der Antragsteller zu Scheinasylanten zu erklären, sei „einfach schamlos“.
Während der Diskussion forderten SPD und FDP die Dauer von Asylverfahren drastisch zu verkürzen. Es müsse möglich sein einen Antrag innerhalb von zwei Wochen an das Bundesamt in Zirndorf weiterzuleiten. Dafür fordere man eine personelle Verstärkung beim Bundesamt, um den dortigen Bearbeitungsstau abzubauen. „Kriminellen Schlepperorganisationen“, betonte Sakuth, „die mit dem Elend der Menschen Geschäfte machen, muß das Handwerk gelegt werden.“ Sakuths Alternative zur Grundgesetzänderung: Asylbewerber konsequet abgeschieben. bz
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