: Mercedes übernimmt keine finanziellen Ifa-Altlasten
■ Daimlers Einstieg in Ludwigsfelde: 2.000 sollen weiterarbeiten
Berlin (taz/ap/adn) — Mercedes- Benz, die Fahrzeugtochter des Daimler-Konzerns, wird sich nicht an den finanziellen Altlasten der Ifa- Automobilwerke in Ludwigsfelde beteiligen. „Wir fangen neu auf der grünen Wiese an“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Werner Niefer, am Donnerstag vor der Presse. Presseberichten zufolge sollte sich das Unternehmen bereit erklärt haben, sich an der Ablösung der Verschuldung von mehreren hundert Millionen DM zu beteiligen. Mercedes und die Treuhandanstalt als Ifa-Besitzerin gaben am Donnerstag die Einzelheiten der künftigen Zusammenarbeit bekannt.
Danach soll das neue Montagewerk, in das der Konzern eine Milliarde DM investieren wird, bis Ende 1994 fertiggestellt sein. Bis dahin läßt Mercedes-Benz auf dem derzeitigen Gelände des Automobilwerks leichte und mittelschwere Lastwagen montieren. Im neuen Werk sollen später jährlich 40.000 Laster vom Band laufen und soll bis zu 4.000 Menschen Arbeit bieten.
Die Montagegesellschaft, die in der Übergangszeit rund 2.000 bisherige Ifa-Mitarbeiter beschäftigen soll, wird zunächst von der Treuhandanstalt betrieben. Am Stammkapital der Gesellschaft will Mercedes-Benz sich ab 1992 mit 25 Prozent beteiligen. In Nebenbetrieben in der Region Ludwigsfelde sollen weitere 1.600 Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Derzeit sind bei Ifa noch 8.000 Personen mehr oder weniger beschäftigt. In Belegschaftskreisen kursieren Angaben über 3.600 bevorstehende Entlassungen.
Treuhand braucht weitere Milliarden
Damit ist aus der Ifa weitgehend das herausgeholt, was dort noch herauszuholen war. Die Treuhandanstalt bleibt weiterhin im Besitz des ehemaligen Kombinats und kommt damit auch für Altlastensanierung und Schuldenbezahlung auf.
Es zeichnet sich schon ab, daß sie mit der Kreditaufnahme von 25 Milliarden DM, die ihr nach dem Einigungsvertrag erlaubt sind, nicht auskommen wird. Vor dem Haushaltsausschuß des Bundestages sagte Treuhand-Chef Rohwedder, daß allein in diesem Jahr noch einmal 12 Milliarden DM Kredite aufgenommern werden sollten. Allein Zinsen für Altkredite müsse sie 1990 5,2 Milliarden DM zahlen.
Weitere 1,5 Milliarden DM seien bis Jahresende nötig, um Verluste aus dem Export in Staaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) aufzufangen. Drei bis fünf Milliarden DM würden für den Verlustausgleich bei der Privatisierung benötigt. Die Belastungen für 1991 bezifferte Rohwedder auf 7,3 Milliarden DM Zinsen für Altkredite, 3,8 Milliarden DM für Zinsen aus DDR- Staatsschulden, rund 4 Milliarden DM an Ausfällen wegen nicht zurückgezahlter Überbrückungskredite und 8,2 Milliarden DM für Zinszahlungen auf die eigenen Schulden der Treuhand. Weitere acht Milliarden DM würden nach Angaben Rohwedders benötigt, wenn bereits in diesem Jahr mit der Tilgung von Altkrediten begonnen werde.
Derzeit fehlen der Treuhand außerdem qualifizierte Mitarbeiter. Es seien insgesamt 1.500 bis 2.000 Stellen zu besetzen. Die Außenstellen erhalten jeweils rund fünfzig Angestellte. Bisher habe die Treuhandanstalt 200 Privatisierungen vorgenommen, wobei 820 Millionen DM erlöst worden seien. Vorbereitet würden Verkäufe von Unternehmen bis zu einer Gesamtsumme von 1,5 Milliarden DM. Rohwedder betonte, daß es keine „Todesliste“ mit 3.000 Unternehmen gebe. Es stimme aber, daß 3.000 Unternehmen Liquiditätsprobleme hätten.
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