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Lieber noch einen Mann

■ Reicht diesmal noch nicht einmal die formal bessere Qualifikation?

Die Arbeiterkammer will eine Stelle „Regionale Wirtschaftspolitik“ lieber mit einem Mann besetzen, der ein recht frisches Wirtschaftsdiplom in der Tasche hat, als mit einer Ökonomin mit jahrelanger Berufserfahrung in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. So entschied der sich jüngst der Vorstand der Kammer. Die abgelehnte Bewerberin kann eine Promotion und wissenschaftliche Veröffentlichungen vorweisen, die über Bremen hinaus bekannt geworden sind. Professor Rudolf Hickel himself schrieb eine Empfehlung.

Eine weitere Stelle in derselben Abteilung, zur selben Zeit ausgeschrieben, wird hingegen mit einer Frau besetzt. Radio Bremen spekulierte gestern nachmittag in der „Rundschau“: „Hella Baumeister, die Frau des befreundeten Angestelltenkammer-Präses Bernhard Baumeister erhält eine Stelle. Die abgelehnte Bewerberin ist verheiratet mit dem Alt-Linken und früheren DKP- Mitglied Peter Sörgel, Betriebsrat bei der Bremer Klöckner-Hütte.“ Der bevorzugte männliche Bewerber war früher Mitglied im Juso-Vorstand.

Der Kreis-Frauenausschuß des DGB wandte sich mit „einer Bitte“ an die „lieben Kollegen“, den Präses, den Vorstand und den Geschäftsführer der Arbeiterkammer: Sie möchten zu der Frage der unterschiedlichen Qualifikation Stellung nehmen, die Entscheidungskriterien offenlegen und erklären, wie die Entscheidung mit dem Bekenntnis zur Frauenförderung zu vereinbaren sei. Frieda Schütz vom DGB-Kreisfrauenausschuß auf Anfrage: „Die Erfahrungen der letzten Monate haben uns gezeigt, daß die Arbeiterkammer sich in der Frauengleichstellung bei gleicher Qualifikation immer engagiert zeigt und positive Zugeständnisse macht, wenn es um ehrenamtliche Tätigkeiten geht. Aber wenn bezahlte und einflußreiche Positionen besetzt werden sollen, wird mit harten Bandagen gekämpft.“

Die Bremer Frauenrunde, ein Zusammenschluß von verschiedenen Bremer Frauenvereinigungen, schrieb an dieselbe Adresse: „Wir melden tiefes Befremden und bittere Enttäuschung über diese Entscheidung an.“ Sie lobt Angelina Sörgel als „hervorragende Wissenschaftlerin“ und bittet, die Personalempfehlung noch einmal zu überdenken.

Die Gleichberechtigungsstelle wandte sich an den Geschäftsführer Heinz Möller mit der Bitte um einen Gesprächstermin. Noch ist indes nicht alles entschieden: Auf der heutigen Personalratssitzung der Arbeiterkammer steht die Stellenbestzung auf der Tagesordnung. Und ohne Zustimmung des Personalrates kann der junge Mann nicht eingestellt werden. bear

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