Topfblumen gegen Federvieh

■ Ein Kleintierzoo im Hinterhof ist dem Grundstücksamt ein Dorn im Auge/ Senat will in der Kreuzberger Enckestraße Ziegen und Enten verbieten

Kreuzberg. Zieht es seit einiger Zeit nicht wenige Berliner mit Hund und Katz ins Umland, versuchen Idealisten noch immer, dem Leben in der Stadt einen ländlichen Anstrich zu verpassen. Besonders beliebt: Kinderbauernhöfe mit Tieren zum Streicheln und Füttern. »Ick bin der Meinung, det Kinder so wat brauchen«, meint Ulrich Klinge aus der Enckestraße. Zusammen mit den restlichen Anwohnern hat er im Frühjahr den gemeinsamen Hinterhof entrümpelt und ein Tiergehege gebaut. Vierbeiner statt Autowracks sollten den Ausblick aus dem maroden Altbau fortan versüßen. Zwei Ziegen sowie jeweils acht Hühner und Enten tummeln sich seither vis-à-vis zum Blumengroßmarkt und gackern munter vor sich hin. Für die 41 Kinder, die in den Häusern ringsum zu Hause sind, ist der kleine Zoo ein Hit. Ein paar Blumenbeete hat die Hausgemeinschaft inzwischen auch angelegt. Doch der Weg zur perfekten Hinterhofidylle ist noch weit. Das Grundstücksamt, dem das Gelände gehört, kann dem tierischen Treiben nur wenig Positives abgewinnen. Zwei Tage nachdem Federvieh und Ziegen sich häuslich niedergelassen hatten, rückte ihnen der Eigner auf den Pelz. Die Tiere seien schleunigst zu entfernen, so die Aufforderung. »Weil wir keine Genehmigung dafür haben und außerdem der Blumengroßmarkt einen Teil vom Gelände kriegen soll«, zitiert Klinge das Grundstücksamt. Der restliche Teil des Hinterhofes soll nach Vorstellungen des Amtes dreigeteilt und dann begrünt werden.

Den Anwohnern machte die bürokratische Intervention keinen Eindruck. Im Gegenteil. Per Fragebogen zog man nun um die Häuser und holte die Meinung der Nachbarn zum Zooprojekt ein. »Von 30 Haushalten waren nur zwei dagegen«, so Klinge. Juristisch unbedarft versuchte die Hausgemeinschaft per einstweiliger Verfügung gegen die Anordnung vorzugehen. Die Ablehnung des Antrags kam postwendend. Die Streitigkeit sei nicht öffentlich-rechtlich, so die Begründung. »Deshalb wollen wir jetzt einen Verein gründen, damit wir was gegen das Grundstücksamt machen können«, meinen die Mieter in der Enckestraße.

Auf keinen Fall wollen sie, daß der Blumengroßmarkt ihnen noch näher ans Haus rückt. »Wenn hier die Laster morgens um drei losfahren, ist das schon jetzt zu laut«, meint Klinge. Das rund 500 Quadratmeter große Gelände zwischen dem Neubau an der Markgrafenstraße und ihrem Haus eigne sich prima für einen kleinen Park. »Auf der BVV haben SPD und AL gemeint, sie würden sich det Janze mal aus der Nähe angucken« — gekommen ist bis heute aber noch niemand. Christine Berger