: Walter Benjamin und das Linksphänomen
■ betr.: "Immer radikal, niemals konsequent", taz vom 29.9.90, "Ist Gott Linkshänder?", taz vom 13.10.90
betr.: „Immer radikal, niemals konsequent“, taz vom 29.9.90, „Ist Gott Linkshänder?“,
taz vom 13.10.90
„Mit Walter Benjamin hatte ich Glück“ — so beginnt Mathias Bröckers seine Bemerkungen über diesen in der taz vom 29.9.90. Walter Benjamin hat mit Mathias Bröckers als Rezensenten weniger Glück. Die Voraussetzungen sind aber auch allzu schlecht: 1974 hat Mathias Bröckers, wie er selbst berichtet, „zwei Semester Marxismus“ studiert, dazu Dada, RAF und noch einiges andere. All das „waberte durchs Studentenhirn“.
Von diesem verfrühten Ausflug ins Reich des Denkens hat sich Mathias Bröckers nie so recht erholt. In einer solchen Situation erweist sich ein flott geschriebener, wenig anstrengender Benjamin-Digest wie Helmut Salzingers Swinging Benjamin als die „einzig senkrechte Brille“(!?): Walter Benjamin als „Prä-Hippie“ (oder Prä-Post-Moderner), die schwierige Angelegenheit mit der Aura ein Ausfluß Benjaminschen Kifferwahns — und dazu vielleicht die CD mit Laurie Andersons History is an angel being blown backwards — „Paßt scho!“ würde der Bayer sagen.
Mathias Bröckers „las alles, was (er) von und über Benjamin kriegen konnte“ — ein Genuß ohne Folgen, denn verstanden hat er offensichtlich nicht allzu viel. Wie könnte er sonst den Marxismus als „in sich geschlossenes Wissenschaftsgebäude“ bezeichnen oder annehmen, daß ein Ausstellungskatalog den Besuch der Ausstellung „mehr als ersetzen kann“?
Auch die Lektüre Benjaminscher Rezensionen (die ich unterstelle) blieb folgenlos, wie der Versuch in der taz vom 13.10.90 belegt, das Buch Linksphänomen zu besprechen. Mathias Bröckers kommt über eine ausführliche Inhaltsangabe nicht hinaus und gesteht mit koketter Offenheit, er sei außerstande, „ein halbwegs objektives Schlußurteil abzugeben.“
Dagegen versäumt er nicht den Hinweis, ihm würden beim Skifahren die Linkskurven besser als die Rechtskurven gelingen. Daher als gut gemeinter Rat: Das Schreiben einstellen! Zurück an den Start und noch ein paar Semester Marxismus in der Skischule! Carl Freytag, München
betr.: „Ist Gott Linkshänder?“
Interessanter Artikel, nur etwas verwunderlich, daß es so wenig linksdrehende Menschen gibt...Aber das ist gar nicht das, was ich kritisieren wollte, sondern: Es sollte in Artikeln mit wissenschaftlichem Anspruch nicht geschummelt werden. Das scheint mir nämlich der Fall zu sein bei dem den Artikel begleitenden Foto: linksdrehende Rentiere... es liegt angesichts der uneindeutigen Bildunterschrift nahe, zu denken, daß die Rentiere linksrum laufen, weil das sie aufschreckende Flugzeug linksrum flog... der Text läßt zwar die behauptete These plausibel erscheinen, aber das Foto in der Mitte scheint wohl eher eine fotografische Lüge, oder? Klaus Voß, Hamburg
In Eurem Artikel beweist Ihr doch gerade, daß Gott Rechtshänderin ist (malt doch einfach mal eine Linksspirale — geht nämlich mit rechts viel besser!).
Und überhaupt: Wie ist das auf der südlichen Halbkugel? Ich bitte um mehr Infos (Forschungsauftrag an die Auslandskorrespondentin! Sigrid Jahr, Berlin 37
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