: Schmutziges Neuland der Haldenberge
■ Uranbergbau-AG Wismut wirbt um Fördermilliarden/ EG bleibt zugeknöpft/ Staatsanwältin will Müllgutachten
Berlin (taz) — Die EG wird vorerst keine Mittel zur Sanierung des Uranbergbaugebietes im Süden der einstigen DDR fließen lassen. „Wir sind nur hier, um uns einen Überblick zu verschaffen“, sagte EG-Sachverständiger Walter Farber während der Besichtigung des Ronneburger Bergbaubetriebes Schmirchau. Die Europäische Gemeinschaft muß demnächst darüber entscheiden, wohin sie in den nächsten zwei Jahren ihre sechs Milliarden Mark Strukturbeihilfen für das ehemalige DDR- Gebiet ausstreuen will.
Allein ist der Altlasten-Brocken für die Region nicht zu schlucken. Jahrzehntelang hatte die Sowjetisch- Deutsche Aktiengesellschaft Wismut, ausgestattet mit der Allmacht eines Militärobjekts, Uran für sowjetische Atombomben aus der Erde geholt. Die Sanierungskosten des von radioaktiven Abraumhalden geprägten Gebietes werden mittlerweile unter der Hand auf 60 bis 70 Milliarden Mark taxiert.
Die Wismut-Verantwortlichen setzen bei der Sanierung, die ja eine neue Betriebsaufgabe wäre, auf Bonner Fördermittel. Eine Milliarde Mark sind bereits bei Theo Waigels Finanzministerium beantragt. Nur für den Bergbaubetreib Schmirchau wären nach dem Ende der Uranförderung fast anderthalb Milliarden Mark vonnöten, um mit 600 Bergleuten die Gruben stillzulegen und das Haldengelände halbwegs in Ordnung zu bringen. Rund 1.000 der gegenwärtig noch 3.750 Beschäftigten des Schmirchauer Betriebes sollen ins Baugewerbe, den Anlagenbau, umgesetzt oder umgeschult werden.
Solange jedoch kein vollständiges Sanierungskonzept von Bund, Ländern und Gemeinden für die Gesamtregion vorliegt, möchten die Brüsseler EG-Kommissare kein Geld für urangeschädigte Thüringer und Sachsen locker machen.
Inzwischen ermittelt die Geraer Staatsanwaltschaft gegen die Wismut auf Grundlage einer Strafanzeige, die der Hamburger Fotograf Günter Zint und auch Greenpeace kürzlich erstatteten. Ihr Vorwurf: Auf der Ronneburger Deponie würden ungenehmigt chemische Abfälle in zwei riesige Kloaken verkippt. Die Staatsanwältin Birgit Wolf will demnächst ein Prüfungsgutachten in Auftrag geben, was laut Auskunft der Staatsanwaltschaft gar nicht so leicht sei, weil derartige Ermittlungen für sie „Neuland“ seien.
Bislang hatte die Schmirchauer Betriebsleitung betont, bei der verkippten Flüssigkeit handele es sich um Bohrwässer und nicht um Laugen oder Säuren, wie von Zint und Greenpeace angenommen. Jetzt allerdings scheint sich die Wismut- Führung eine Rückzugslinie zu bauen: Was von der Wismut in die Kloaken wandere, sei rechtens, aber man könne natürlich nicht jeden LKW kontrollieren, hieß es von seiten der Betriebsdirektion beim EG- Besuch. Thomas Worm
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