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Feuchte Augen

■ betr.: "Romeo und Julia tanzen Mambo", taz vom 18.10.90

betr.: „Romeo und Julia tanzen Mambo“, taz vom 18.10.90

Schlimm, ganz schlimm, wenn Kritiker über Filme schreiben, die sie nicht gesehen haben beziehungsweise hinterher alles durcheinander bringen.

In ihrem heutigen Bericht über Dirty Dancing schreiben Sie: „...und in der finalen Tanzszene — Baby darf für Johnnys frühere Partnerin einspringen — wendet sich alles zum Guten.“ Falsch, Dittmeyer, alles ganz falsch. Die Szene, in der Baby einspringt, ist mitnichten die finale Tanzszene, sondern spielt ca. in der Mitte des Films. Genau nach diesem Auftritt wird nämlich alles erst richtig schlimm: Als Baby und Johnny zurückkommen, liegt seine Ex-Partnerin im Bett und krümmt sich vor Schmerzen, weil der Kurpfuscher natürlich versagt hat, Baby holt ihren Vater — der ja Arzt ist — und der denkt dann, Johnny sei der Übeltäter und so weiter.

Die finale Tanzszene, bei der ich immer wieder haltlos heulen muß (ich habe den Film jetzt vielleicht sechsmal gesehen), geht folgendermaßen: Abschlußball. Verkrampfte Stimmung, gruselige Gesangsdarbietungen, die totale Spießbürgerlichkeit. Da plötzlich tritt Johnny in den Saal: schwarze Lederjacke, wilder Blick. (Er war nach alledem rausgeflogen und länger nicht zu sehen im Film). Er geht zum Tisch der Housemans, nimmt Baby an die Hand und sagt entschlossen (zum ersten Mal, bisher war er immer defensiv und eher verschüchtert, weil er sich für einen proletarischen Tanztrottel hielt): „Das ist mein Baby!“ Er geht mit ihr auf die Tanzfläche, stoppt die Musik — Schweigen im Saal, alles vibriert vor Aufregung — und sagt: „Ich tanze immer den letzten Tanz der Saison. Und diesmal habe ich dafür eine wunderbare Partnerin, eine, die mir gezeigt hat, daß ich etwas wert bin im Leben und die an mich geglaubt hat“ (oder irgendwie so ähnlich, jedenfalls dieses Underdog-Problem und die Liebe und so weiter), und dabei werden seine Augen ein bißchen feucht (und ich bin spätestens da immer in Tränen gebadet), und dann kommt diese Musik von Jennifer Barnes und irgendeinem, der wie Joe Coker klingt und erst ganz langsam und smooth anfängt, und dann legt der Baß los, und sie tanzen wie die Teufel, und er wirft sie durch die Gegend, und am Ende tanzt der ganze Saal und alle, die immer gegen das Neue und Moderne und auch gegen die Liebe der beiden waren und so weiter. So isses wirklich gewesen, Dittmeyer, merken Sie sich das für die Zukunft. Daniela Reinsch

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