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Drogen? — Nicht an unserer Schule!

■ Schulzentrum Koblenzer Straße protestierte gegen „buten & binnen“-Sendung hier bitte das Foto mit dem Schülerprotest

„Alles gelogen! — An unserer Schule gibt es keine Drogen!“ — SchülerInnen beim FernsehenFoto: Jörg Oberheide

„Radio Bremen hat gelogen, unsere Schule nimmt keine Drogen“, skandierten SchülerInnen des Schulzentrums an der Koblenzer Straße, als sie gestern morgen gemeinsam mit ihren LehrerInnen zum Sendehaus zogen. Anlaß war ein Bericht in „buten & binnen“ vom 17. Oktober über den steigenden Drogenkonsum in Osterholz-Tenever, im Wohngebiet und auch an den dortigen Schulen. „An unserer Schule nicht!“ behaupten aber LehrerInnen und SchülerInnen der Koblenzer Straße. Radio Bremen habe falsch recherchiert und durch die Sendung die Schule in Verruf gebracht.

„Schülerinnen und Schüler haben aufgrund der Vorurteile über das Wohngebiet geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn ihnen dann noch ungerechtfertigterweise der Umgang mit Drogen unterstellt wird, werden die Möglichkeiten dieser Kinder noch weiter eingeengt“, befürchtet das Kollegium in einem Flugblatt, das der „buten & binnen“-Crew übergeben wurde.

Die Schulleitung hatte dem Sender bereits am Freitag einen Besuch abgestattet und um eine „Richtigstellung“ gebeten. Da in der Freitagssendung nichts passierte, wurde gestern in einer Pausenversammlung spontan beschlossen, mit der gesamten Schule zur Hans-Bredow-Straße zu marschieren. SchülerInnen und LehrerInnen forderten von ihrem Heimatsender („Bild darf lügen, Radio Bremen nicht“, Transparenttext) Beweise für die Behauptung, an ihrer Schule werde mit Drogen gehandelt.

Dirk Blumenthal, der für die umstrittene Sendung recherchiert hatte, und Moderator Hans Jessen wagten sich mitten in die „Wir nehmen keine Drogen“ und „Lügner, Lügner“ rufende Menge. „Ich glaube jedem von euch, daß Ihr was gegen Drogen habt. Aber es ist nicht richtig, daß an Eurer Schule keine Drogen konsumiert werden“, versuchte Blumenthal die aufgebrachten PennälerInnen zu beschwichtigen. Er habe bei seiner Recherche über Dogenkonsum und Drogenhandel in Osterolz-Tenever mit vielen Leuten gesprochen, unter anderem mit Lehrern, Eltern und Schülern und auch mit einem Polizeibeamten. Fazit: „Wir wissen, daß es Drogen an den Schulen gibt.“

Das brachte den DemonstrantInnenzorn jedoch noch mehr zum Kochen. „buten & binnen hat mit niemandem aus unserem Kollegium gesprochen“, versicherte eine Lehrerin der taz. Die in der Sendung vorgestelle Schülerin, der auf der Toilette eine Spritze angeboten worden sein soll, gehöre gar nicht zum Schulzentrum Koblenzer Straße. Zur Befürchtung, der Bericht könne die Berufschancen der SchülerInnen verschlechtern, meinte Hans Jessen: „Ihr seid die erste Schule in Bremen, die auf die Straße geht und erklärt: Wir wollen mit Drogen nichts zu tun haben. Dadurch verbessert ihr Eure Chancen im Beruf.“

Er bot den DemonstrantInnen an, eine Lehrerin und eine Schülerin zu benennen, die in der abendlichen „buten & binnen“-Sendung die Position der Schule darstellen dürften. „So, und nun versteht bitte, daß wir wieder an die Arbeit gehen, denn wir müssen wegen euch die ganze Sendung umschmeißen“, verabschiedete er die Jugendlichen. asp

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