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Glücklicher Verdrängungsprozeß

■ betr.: "Friedhofsschändung: Skins festgenommen", taz vom 19.10.90

betr.: „Friedhofsschändung: Skins festgenommen“,

taz vom 19.10.90

[...] Findet sich bei jeder Beerdigung eine große Trauergemeinde zusammen, so stieß der angesetzte Mahnmarsch auf keine Resonanz. Von den Ureinwohnern Ensingens nahmen nur zwei — und die auch nur aus parteipolitischen Gründen — teil. Alle anderen entstammten akademischen und gehobenen Berufssparten und waren samt und sonders Zugereiste.

Diese Passivität der ehemaligen Bauern und jetzigen Arbeiter ist das Ergebnis eines glücklichen Verdrängungsprozesses. Aufgewachsen in einem Dorf mit starker politischer Polarisierung gingen die einstigen KPD-Anhänger nach 1933 in der NSDAP auf. Das im Zuge der Endphase des Zweiten Weltkrieges wichtig werdende KZ Vaihingen lag am direkten Wege zwischen dem Dorf und der Stadt, war also als Faktum bekannt. Daß hier Juden, die der sich noch als Bauer fühlende Arbeiter aus dem nahen Freudental kannte, zu Tode kamen, wird die Dörfler nicht sonderlich bewegt haben, waren doch Vereinsaktivitäten, Dorftratsch und Erntearbeiten wichtiger als die Ermordung deutscher Mitbürger jüdischen Glaubens. Dieses wegschauende Zustimmen im Dritten Reich geht heute im Nichtbetroffensein der Kriegsgeneration auf. Daneben kann sich die Neonaziszene auf einen breiten Sympathiesantenstamm stützen, der zwar die Öffentlichkeit fürchtet, hinter der Hand jedoch dem Adolf nachweint. Harald Isermeyer, Ensingen

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