: Platzkampf um Kongreßhalle entschieden
■ Bundesrat tagt in Kongreßhalle/ Multikulturkongreß muß weichen/ Geteilte Verlegung in Akademie der Künste Ost und Charité / Momper gegen Martiny: 100.000 Mark Mehrkosten
Tiergarten/Mitte. Die Kulturelle Vielfalt Europa muß nun endgültig der deutschen Einheit weichen. Am 9. November wird sich in der Kongreßhalle der neue Bundesrat konstituieren. Der dort für den 5. bis 7. November geplante Multikulturkongreß zu »Bilanz und Perspektiven für eine neue Gesellschaft in Europa« ist nun in die Akademie der Künste Ost und in den Konferenzsaal der Charité verlegt worden. Gestern nachmittag hat der Bundesratsvorsitzende Walter Momper entschieden, daß das Ländergremium seiner eigenen Einladung nach Berlin folgen soll. Von einigen Länderregierungen hatte es organisatorische und finanzielle Vorbehalte gegeben.
Einwände gegen Mompers unabgesprochene Einladung fallen auch auch in Berlin. Denn das in der Kongreßhalle ansässige Haus der Kulturen der Welt muß zur Bundesratssitzung — wie schon zum 3. Oktober — erneut wegen nötiger Umbauarbeiten geschlossen werden, der dort geplante Multikulturkongreß muß verlegt werden. Die Senatskulturverwaltung, Mitveranstalterin der durch die Mompersche Alleininitiative verdrängten Tagung, mußte Ausweichquartiere beschaffen. Das Kongreßplenum wird sich nun im Konrad-Wolf-Saal im Hauptgebäude der Akademie der Künste in der Hermann-Matern-Straße treffen. Zwei Arbeitsgruppen müssen in den Plenarsaal am Robert-Koch- Platz und in den Konferenzsaal des Charité-Krankenhauses ausweichen. Der Kongreß wird also schon räumlich auseinandergerissen. »Ich weiß nicht, ob der Kongreß atmosphärisch so angenehm wird«, fragte sich deshalb auch der Sprecher des Hauses der Kulturen der Welt, Harald Jähner, »abgesehen davon, daß die dann auch in der Kantine der Charité essen müssen«.
Zu der Tagung wird kulturelle und politische Prominenz aus der ganzen Welt erwartet. Diskutiert werden soll unter anderem über die »reale Gefahr der Zunahme von Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus« und über »konkrete Vorschläge« für das multikulturelle Zusammenleben in Europa und der Bundesrepublik. Die »konkrete« Ausquartierung einer so wichtigen Veranstaltung findet auch der Sprecher der Senatskulturverwaltung, Ulrich Zawatka, »aus kulturpolitischer Sicht nicht doll«. Trotz solcher Widerworte hat sich die Kultursenatorin offenbar einmal mehr nicht gegen ihren Regierungschef durchsetzen können. Und auch die 100.000 Mark Mehrkosten, die wegen der Verlegung anfallen, werden aus dem ohnehin viel zu schmalen Kulturetat abgezweigt — und nicht aus dem des gastfreundlichen und alleinentscheidungsfreudigen Regierenden. grr
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