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Mit Trotzki für Chemnitz

■ NRW-SPD-Landtagsabgeordnete kandidiert auf unabhängiger Liste in Ex-Karl-Marx-Stadt

Düsseldorf (taz) — Davon, daß Carla Boulboullé dem neuen Düsseldorfer Landtag als SPD-Abgeordnete angehört, hatte bisher niemand Notiz genommen. Ein Schicksal, das die Neuparlamentarierin mit vielen LeidensgenossInnen im Parlament teilte, das seit dem 15. Oktober indes der Vergangenheit angehört.

An diesem Tag kündigte die Sozialdemokratin per offenen Brief an, daß sie beabsichtige, auf einer unabhängigen Liste in Chemnitz, der Partnerstadt Düsseldorfs, für den nächsten Bundestag zu kandidieren. Bei ihren zahlreichen Besuchen in Chemnitz habe sie „mit großer Bestürzung“ feststellen müssen, „daß die Politik, die die Regierung Kohl, gemeinsam mit den großen Geldgebern und gestützt auf die Wendebürokraten“ betreibe, eine „wirkliche soziale Katastrophe“ vorbereite. Daß Kanzler Kohl sich überhaupt als Vorkämpfer der deutschen Einheit habe hinstellen können, sei insbesondere Lafontaine anzulasten, der „sich immer wieder dem Willen der Bevölkerung zur Verwirklichung der Einheit entgegengestellt hat“. Gleichzeitig wirft die Genossin Lafontaine die Zustimmung zum Einigungsvertrag vor.

Um jetzt dafür zu kämpfen, daß Chemnitz nicht zum „Armenhaus im vereinten Deutschland werden“, habe sie sich entschieden der Initiative „Chemnitz wird leben — dafür handeln wir gemeinsam“ anzuschließen. Boulboullé, die sich in den 70er Jahren in SPD heftig bemüht hatte, trotzkistische Positionen zu popularisieren, galt bei den Düsseldorfer GenossInnen, so ein Vorstandsmitglied, „als geläutert“. Offenbar habe sie sich in den letzten Jahren „aber nur geschickt getarnt“. Jetzt steht ihr Parteiausschluß so gut wie fest. Die örtliche SPD verlangt die Rückgabe des Mandats. Das dürfte ein frommer Wunsch bleiben, denn die aufmüpfige Genossin will ihren Kampf „für die Interessen der arbeitenden Menschen“ auf der Straße in Chemnitz, wie auf den gut gepolsterten Düsseldorfer Parlamentssitzen führen. Walter Jakobs

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