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Das Bündnis90 darf gewählt werden

■ Wahlleiter Hölder lenkt im Streit mit Bürgerbewegungen ein/ Grüne und Bündnis90 stehen auf einer gemeinsamen Liste zur Wahl/ Ströbele verzichtet auf die Organklage in Karlsruhe

Karlsruhe/Bonn (afp/dpa/taz) — Die Grünen und die Bürgerrechtsgruppen aus der früheren DDR stehen nun doch wie geplant am 2. Dezember auf einer gemeinsamen Liste zur Wahl. Die Anmeldung der Liste „Bündnis90/Grüne“ beim Büro des Bundeswahlleiters ist auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts vollständig und fristgerecht erfolgt. Der Bundeswahlleiter, der Präsident des Statistischen Bundesamtes Egon Hölder, habe im Streit um eine möglicherweise unzureichende Anmeldung eingelenkt, teilte am Mittwoch ein Sprecher des Verfassungsgerichts in Karlsruhe mit. Deshalb sei auch kein Richterspruch zu der eingebrachten Organklage und dem Antrag auf eine einstweilige Anordnung erforderlich. Demgegenüber teilte die Pressestelle Hölders mit, der Bundeswahlleiter sei „keineswegs“ von seinem Standpunkt abgerückt, werde jedoch die „Empfehlung“ des Gerichts an den Bundeswahlausschuß weiterleiten. Dieser müsse dann endgültig über die Zulassung der Listenvereinigung zur Bundestagswahl entscheiden.

Der Sprecher des Bundesvorstands der Grünen, Hans-Christian Ströbele, bezeichnete die von den Grünen eingereichte Organklage als „nun überflüssig“, da die Zulassung der Listenvereinigung ohne Entscheidung des Gerichts feststehe. Bei zutreffender Auslegung sei das Bundeswahlgesetz nicht verfassungswidrig.

Ursprünglich hatte Hölder von den fünf Gruppen — Demokratie Jetzt, Neues Forum, Initiative Frieden und Menschenrechte, Unabhängiger Frauenverband und Grüne Partei — für die Kandidatur im bisherigen DDR-Gebiet bis Dienstag 24 Uhr die Einreichung von neunzig Unterschriften verlangt. Der Koordinierungsrat von Grünen und Bürgerrechtsgruppen hatte daraufhin das Bundesverfassungsgericht angerufen und die zu enge Auslegung des Wahlgesetzes beklagt.

Die Grünen begrüßten in Bonn die Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht habe der demokratischen Entwicklung einen Dienst erwiesen, sagte ihr Vorstandssprecher Hans-Christian Ströbele vor Journalisten. Die Unterschriften der zentralen Leitungsorgane liegen bereits seit Montag vor. Damit seien die Bedingungen für die Zulassung zur Wahl erfüllt.

Die Beendigung des Streits um ihre Zulassung löste beim Bündnis 90 und den Grünen in der ehemaligen DDR große Freude und Genugtuung aus. „Wir begrüßen diese Entscheidung, die den Versuch rückgängig macht, dem Bündnis in letzter Minute die Beine wegzuziehen“, sagte Katrin Steinitz vom Bündnis 90 in Berlin.

Bereits zum dritten Mal haben damit kleine Parteien beim Bundesverfassungsgericht vor der ersten gesamtdeutschen Wahl Klippen im Bundeswahlgesetz umschifft.

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