piwik no script img

Bagdad setzt wieder auf Gespräche

■ Aziz und Saddam Hussein wollen internationalen Dialog über Golfkrise/ USA sehen kein Nachgeben des Irak und drohen mit Krieg/ Druck auf westliche Regierungen in der Geiselfrage nimmt weiter zu

Bagdad/Jiddah/London (afp/dpa/ adn) — Gesprächsbereitschaft zur Lösung des Konflikts am Golf hat der irakische Außenminister Aziz signalisiert. Bagdad stimme dem Dialog auf internationaler wie arabischer Ebene zu, sofern damit „keine feindlichen Absichten“ verfolgt würden, sagte er. Unter Hinweis auf Äußerungen der Präsidenten Frankreichs und der UdSSR, Mitterrand und Gorbatschow, vom Montag in Paris erklärte Aziz, sein Land werde „offen und guten Willens“ auf alle Bemühungen reagieren, die auf eine Lösung des Golfkonfliktes in Verbindung mit der Palästinafrage zielten. Abgesehen davon habe Präsident Saddam Hussein eine solche Regelung ohnehin bereits am 12. August vorgeschlagen.

Erneute Bereitschaft zum Dialog mit Washington hatte am Montag schon der irakische Präsident Saddam Hussein in einem Interview mit der US-Fernsehgesellschaft CNN bekundet. Er stellte klar, daß er Gespräche ohne Vorbedingungen für nicht völlig ausgeschlossen halte, obwohl der US-Präsident, als er ihn mit Hitler verglich, die Tür zum Dialog praktisch zugeschlagen habe. Saddam widersprach der in den USA vertretenen Auffassung, daß der jüngste Besuch des sowjetischen Golfgesandten Primakow in Bagdad ergebnislos geblieben sei. Er nannte seine Unterredung mit Primakow „thematisch weitgespannt, detailliert in den erörterten Punkten und nützlich“.

Gestern wandte sich der irakische Präsident jedoch an seine Armee und warnte die Truppen vor „aggressiven Absichten der USA in den nächsten Tagen“. Dabei rief Saddam Hussein während einer Sitzung des irakischen Generalstabes alle Soldaten dazu auf, „höchst wachsam und ständig einsatzbereit“ zu sein. Wie die 'Los Angeles Times‘ in ihrer gestrigen Ausgabe berichtete, soll US- Außenminister James Baker auf seiner bevorstehenden Reise nach Europa, Saudi-Arabien und in andere Golfstaaten einen Zeitplan für eine mögliche Militäraktion gegen den Irak erörtern. Das Blatt zitiert einen mit der Golf-Strategie befaßten Regierungsmitarbeiter, der einen Krieg für „nahezu unvermeidlich“ halte. Dieser habe den Dezember oder Januar als den wahrscheinlichsten Zeitpunkt für eine US-Offensive genannt.

Unterdessen nimmt der Druck auf die westlichen Regierungen zu, mehr für die Freilassung der im Irak und in Kuwait festgehaltenen Geiseln zu tun. In den Niederlanden baten etwa 200 Angehörige von Geiseln die Regierung, einen Unterhändler nach Bagdad zu entsenden. Die EG-Staaten hatten auf ihrem Gipfeltreffen in Rom einmütig Gespräche mit der irakischen Regierung über die Freilassung der Geiseln abgelehnt. Deren Lage wird aber offenbar immer kritischer. So appellierte eine der am Dienstag nach Paris ausgereisten 282 französischen Geiseln vor dem Abflug aus Bagdad an die USA und Großbritannien, etwas für die festgehaltenen Bürger zu tun.

Am Montag verurteilte der UNO- Sicherheitsrat mit 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen erneut die Annexion Kuwaits und machte Bagdad in seiner zehnten Resolution zur Golfkrise für materielle Schäden und Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Konflikt haftbar. Der militärische Stabsausschuß der UNO trat nach der Verabschiedung der Resolution zusammen, um über militärische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der See- und Luftblockade zu beraten. Der Ratspräsident, der britische UNO- Botschafter Hannay, sagte, dieses Treffen sollte nicht als Vorbereitung eines kollektiven Schlags gegen Irak mißverstanden werden.

In London meldete am Dienstag die 'Financial Times‘ unter Berufung auf einen irakischen Beamten, der Irak erwäge die Freilassung aller Geiseln unter der Voraussetzung, daß Frankreich und die UdSSR die Gewähr dafür übernehmen, daß die Golfkrise mit friedlichen Mitteln beigelegt wird. Eine solche Verpflichtung würde den Weg zu einer friedlichen Lösung ebnen.

In Dschidda erklärte am selben Tag der saudische Informationsminister asch-Schaer, sein Land schätze die sowjetischen Bemühungen hoch ein, eine entschlossene und einheitliche internationale Haltung in bezug auf die Verwirklichung der UNO-Beschlüsse zu erhalten. Der Politiker bekräftigte die Forderungen seines Landes nach vollständigem und bedingungslosem Abzug des Irak aus Kuweit sowie nach Rückzug der irakischen Truppen aus dem Grenzgebiet zu Saudi-Arabien. Er klagte darüber hinaus wirksame Garantien dafür ein, daß sich die irakische Aggression künftig nicht wiederhole.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen