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Autoindustrie: Mit Vollgas in die Zukunft

■ Mit mehr Straßen, Verkehrsleitsystemen und einem Abbau der Subventionen für den öffentlichen Verkehr will die Autolobby den Verkehrsinfarkt abwenden/ U- und S-Bahnen Schuld an stehendem Verkehr in den Städten

Berlin (taz) — Der drohende Verkehrsinfarkt ist nicht unabwendbar. Schuld daran, daß er auf einem Drittel des Autobahnnetzes und in praktisch allen Ballungsräumen tägliche Realität ist, trägt der subventionierte Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und die Vernachlässigung des Straßenbaus. Zu diesen überraschenden Einsichten kommt der „Verband der Automobilindustrie“ (VDA) in seinen gestern in Bonn vorgestellten „Überlegungen für ein Gesamtverkehrskonzept“.

Um die „Umweltsensibilität unserer Gesellschaft und ihre steigenden Mobilitätsbedürfnisse auf einen Nenner“ zu bringen, verlangt die Autolobby mehr Straßen, breitere Autobahnen, eine stärkere Verknüpfung von Individual- und öffentlichem Verkehr und intelligente Verkehrsleitsysteme. Die notwendigen Mittel für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes in den fünf neuen Bundesländern beziffert das Papier auf 150 bis 200 Milliarden Mark. Im alten Bundesgebiet benötige die Bahn bis zur Jahrtausendwende 30 Milliarden Mark. Im selben Zeitraum würde der VDA 104 Milliarden für die weitere Zubetonierung mit Autobahnen aufwenden. Sonst, so argumentierte VDA-Geschäftsführer Achim Diekmann in Bonn, würden die Anstrengungen der Automobilindustrie bei der Reduzierung der Abgasemissionen „im Stau wieder verloren gehen“. Wenn „Deutschland seiner Rolle als Drehscheibe des Verkehrs in einem integrierten Europa gerecht werden“ wolle, müsse das aus den Fugen geratene „Gleichgewicht zwischen Infrastrukturbedarf und Infrastrukturangebot“ wiederhergestellt werden. Also: Dem Autoboom muß der Straßenbauboom auf dem Fuße folgen, damit der Frust der Bleifußfraktion nicht überhandnimmt.

Vehement setzt sich der Verband für eine verstärkte „Arbeitsteilung zwischen Schiene und Straße“ ein. Voraussetzung sei allerdings die Schaffung leistungsfähiger Schienen- und Umschlagkapazitäten und ein „aufnahmefähiges Straßennetz im näheren und weiteren Umfeld der Knotenpunkte“.

Nicht die explodierende Pkw- Flotte ist für den stehenden Verkehr in den Großstädten ursächlich, sondern der „massive Ausbau“ und die „einseitige Konzentration der für den öffentlichen Verkehr aufgewendeten Mittel“. Nach den Erkenntnissen der Autobauer hat der Bau von U-, S- und Stadtbahnen „die auf das Stadtzentrum ausgerichteten Verkehrsströme zusätzlich begünstigt“. Deshalb müßten künftig die Subventionen für den Öffentlichen Nahverkehr abgebaut und dem „Wettbewerb größere Spielräume“ eingeräumt werden. Außerdem müßten, auch öffentliche Verkehrsmittel künftig „die Umweltkosten übernehmen, die auf ihr Konto gehen“.

Unterdessen hat die Diskussion über eine leichte Erhöhung der Mineralölsteuer innerhalb der Union erheblich an Drive gewonnen. Der sächsische Ministerpräsident, Kurt Biedenkopf, der die Mineralölsteuer nach einem möglichen Ende der Golfkrise erhöhen und die Mittel umgehend in den Straßenbau stecken will, nannte die Kritik des Bonner Finanzministers Theo Waigel (CSU) eine „Korinthenkacker-Diskussion“. Das wiederum lockte den Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Wolfgang Bötsch, aus der Reserve. Die Bemerkung Biedenkopfs sei „unverschämt“ und zeuge von „Beweisnot und mangelnder Ernsthaftigkeit“. Der Professor solle sich lieber auf seinen eigenen Kram in Sachsen konzentrieren, bellte Bötsch. Gerd Rosenkranz

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