: Marine gegen Glück
■ Wer Haschisch raucht, fliegt fristlos
Damit eine Seefahrt wirklich lustig wird, zumal, wenn sie auf einem Schulschiff der Bundesmarine stattfindet, muß mancher Soldat ein bißchen nachhelfen. Wie zum Beispiel der heute 25jährige Klaus Kunkel (Name geändert), den es zwischen April und September 1987 mit dem Schulschiff Deutschland in den Indischen Ozean verschlagen hatte. Der Obergefreite Kunkel: „Während des Aufenthaltes in Madras vom 21.-25.5.87 kaufte ich 2-3 Gramm Rauschgift mit Namen 'Dope': Während der Seefahrt rauchte ich 4-5 Zigaretten gemischt mit diesem Rauschmittel. Zweimal rauchte ich in der Sperrlast, die übrigen Male am Oberdeck. ... Die Wirkung des Dopes war erleichternd und beglückend, sie hielt für etwa eine Stunde an.“ Ganz freiwillig machte Kunkel diese Aussagen nicht. Denn er wurde erwischt und mußte in einer Vernehmung durch seine Vorgesetzten aussagen.
Die handelten daraufhin prompt, steckten Kunkel zunächst drei Wochen in Arrest und zogen ihm danach kurzerhand die Marineuniform aus. Wegen erheblicher Gefährdung der militärischen Ordnung wurde der Zeitsoldat fristlos gefeuert. Zurecht, befand jetzt das Oberverwaltungsgericht Bremen und wies Kunkels Berufung zurück.
Den Rechtsweg hatte Kunkel eingschlagen, weil er partout nicht einzusehen vermochte, daß der ein oder andere Joint, zudem nach Dienstschluß geraucht, die Verteidigungsbereitschaft und das Ansehen der Bundeswehr tatsächlich beeinträchtigen würde. Jedenfalls nicht mehr als das bundeswehrübliche Saufen, meinte Kunkel.
Einer solchen Argumentation vermochte das Oberverwaltungsgericht nicht zu folgen. O-Ton Urteilsbegründung: „Zur militärischen Ordnung gehört es, daß alle Soldaten mit vollen Kräften für ihren Einsatz auf ihrem Posten stehen. Das ist nicht der Fall, wenn eine große Zahl von Soldaten unter dem Einfluß von Betäubungsmitteln steht. Der Kläger hat von einem beglückenden und erleichternden Gefühl gesprochen. Ein solcher Rauschzustand mehrerer Soldaten bei einem militärischen Einsatz wird zur Gefahr für die Verteidigungsbereitschaft der einzelnen Einheit und der Bundeswehr im ganzen.“
Und auch die Einlassung des Soldaten, daß das übliche Saufen genauso bundeswehrschädlich sei, wie das Haschisch-Rauchen, mochten die Richter nicht nachvollziehen. Die unterschiedliche Behandlung sei vielmehr „sachgerecht“, da sie dem Willen des Gesetzgebers folge. Und der habe schließlich Alkohol nicht verboten, Betäubungsmittel aber sehr wohl.
Kunkel, der auch schon in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht glatt durchgefallen war, bleibt eine letzte Chance, doch noch wieder mit mit der Marine auf Tour gehen zu dürfen. Das OVG hat eine Revision zugelassen, um eine Fortentwicklung des Begriffs „ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung“ beim Verzehr von Betäubungsmitteln zu ermöglichen. hbk
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