: Freiheit für 300 oder 3.000 politische Gefangene in Südafrika?
Pretoria (afp) — In Südafrika können künftig Begnadigungen politischer Gefangener „stufenweise“ in demselben Tempo vorgenommen werden, wie der ANC seine Zusage verwirkliche, den bewaffneten Kampf einzustellen. Darauf sowie auf die Gewährung von Straffreiheit für Exil-Südafrikaner haben sich nach Angaben von Justizminister Coetsee die südafrikanische Regierung und der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe geeinigt. Die Vereinbarung betreffe auch noch nicht Verurteilte und in einzelnen Fällen die Möglichkeit der Aufhebung von Todesurteilen.
Der ANC gab bis Freitag morgen keinen Kommentar ab. Coetsee versicherte jedoch, die Schwarzenorganisation habe der stufenweisen Freilassung der politischen Gefangenen zugestimmt. Die Übereinkunft gilt nach Angaben Coetsees für alle politischen Gruppen, auch die rechtsextremen. Der Minister bezifferte die Gefangenen, die um Freilassung ersuchen können, auf 250 bis 300 oder, bei „liberalerer“ Auslegung des Begriffs „politische Vergehen“, auch auf 600. Der ANC schätzt die Zahl der politischen Gefangenen in Südafrika auf 3.600 „und mehr“.
Exil-Südafrikaner, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, können nach Angaben des Ministers ab sofort ein Gesuch an das Büro für Straffreiheit im Justizministerium richten. Jeder Bewerber muß Einzelheiten über seine Vergehen angeben und ausführen, warum er glaubt, daß seine Verbrechen politisch motiviert waren. Wer nicht einer Organisation angehört, die sich der Gewaltfreiheit verpflichtet hat, muß angeben, ob er sich zu diesem Prinzip bekennt. Die Gewährung der Straffreiheit ermöglicht nicht automatisch die Einreise nach Südafrika.
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