: »Die achte Plage heißt Plagiat«
■ Die Berliner Teekampagne macht den arrivierten Teehandel nervös/ »Marketing-Gesetze verletzt« INTERVIEW
Berlin. Jahrelang warb die Teekampagne, Berlins führende Importfirma für Darjeeling, mit dem ebenso schlichten wie deutlichen Slogan: »Wir wollen Ihnen reinen Tee einschenken.« Seit kurzem hat sich der Text geändert: »Die achte Plage heißt Plagiat«, kann man nun lesen, und dann wird vor einem »Doppelgänger« gewarnt, dessen Darjeeling First Flush mehr als das Doppelte koste als bei der Teekampagne. Wer ist dieser Plagiator ist, läßt sich unschwer feststellen. Auftraggeber der »achten Plage Plagiat«: der »Teeladen«, laut eigener Aussage »ein Gemeinschaftsunternehmen leistungsstarker Franchisepartner mit bundesweit über 50 Teegeschäften«, davon zwei in Berlin. Über die Hintergründe der neuen Anzeigenkampagne und der wesentlich älteren Rivalität zwischen Teekampagne und konventionellem Teehandel sprach die taz mit Günter Faltin, Gründer und Leiter der Teekampagne und Professor für Wirtschaftspädagogik an der Freien Universität.
taz: Professor Faltin, meinen Sie, daß diese Kampagne direkt gegen ihr Unternehmen gerichtet ist?
Faltin: Da wir mittlerweile auf dem Berliner Markt 50 Prozent mehr Darjeeling verkaufen, als dort jemals abgesetzt wurde, ist es kein Wunder, daß die arrivierten Firmen unruhig werden. Daß also die neue Anzeigenkampagne des »Teeladens« an unsere Adresse geht, daran besteht kein Zweifel. Bisher versuchte man auf gerichtlichem Wege, uns zu schaden. Das Ergebnis waren Abmahnungen, Prozeßdrohungen und zwei einstweilige Verfügungen.
Nun ist, auf den gesamten Handel bezogen, das Feld, das die Teekampagne beackert, ja eher klein.
Es geht da nicht um Größe und Umsatz. Wir haben einige eherne Gesetze des Marketing gekippt und waren dabei erfolgreich. So etwas ist nicht gerne gesehen. So gibt es zum Beispiel in der Wirtschaft die Überzeugung, eine Firma müsse eine gewisse Sortimentbreite aufweisen, um sich behaupten zu können. Wir dagegen führen nur eine einzige Sorte der besten Qualität, und das funktioniert. Oder nehmen wir das Marketing-»Gesetz« von der ständigen Verfügbarkeit der Ware. Die Teekampagne läuft nur einige Monate im Jahr. Die Verbraucher müssen ihren Tee auf Vorrat kaufen, und das haben sie schnell gelernt. Wesentlich ist aber etwas anderes: Wir haben mit der Teekampagne die Zwischenhändler ausgeschaltet, zugunsten der Dritten Welt und der Verbraucher. Daß der Handel das nicht gerade mit Wohlwollen betrachtet, ist nur zu verständlich.
Was war Ihr Impuls zur Gründung der Teekampagne?
Es ist mir schon wichtig, wie die Teekampagne mit der Dritten Welt umgeht. Dabei erscheint es mir nicht in erster Linie bedeutend, daß wir das Dorfschulprojekt in Indien unterstützen, obwohl es gut ist, daß wir das tun. Aber es geht mir um etwas Grunsätzlicheres. Jedes Jahr werden von Indien 10.000 Tonnen Darjeeling exportiert. Auf dem Weltmarkt sind 40.000 Tonnen im Umlauf; verfälscht, gemischt usw. Allein damit wird den indischen Tee-Erzeugern jährlich ein Schaden in Höhe einer zweistelligen Millionensumme zugefügt. Die Teekampagne beweist, daß man anständige Geschäfte mit der Dritten Welt abschließen, für den Verbraucher vernünftige Preise ansetzen und trotzdem gute Umsätze erzielen kann. Interview: Angelika Oldenburg
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