piwik no script img

Bonn bestätigt Existenz von „Gladio“

■ Regierungssprecher Klein berichtet vom Nato-Gehiemdienstnetz in der BRD/ „Gladio“ ist beim BND angesiedelt und offenbar immer noch aktiv/ SPD will Generalbundesanwalt einschalten

Bonn (dpa) — Die Bundesregierung hat bestätigt, daß es das mysteriöse geheime NATO-Netz „Gladio“ auch in der Bundesrepublik gibt. Regierungssprecher Hans Klein erklärte am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz, im Rahmen der Vorbereitungen für den Verteidigungsfall seien auch in der Bundesrepublik, wie in anderen Mitgliedstaaten des NATO-Bündnisses, seit Ende der 50er Jahre Vorkehrungen getroffen worden, „um die nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung auch im mutmaßlichen Konfliktgebiet sicherzustellen“.

„Gladio“ — so hieß das Kurzschwert der römischen Legionäre — hat bereits in Italien, Belgien, den Niederlanden sowie in Frankreich zu großem politischem Wirbel geführt. Diese Länder haben ebenfalls die Existenz dieser Aktivitäten bestätigt. Klein unterstrich, es handele sich bei „Gladio“ nicht — wie behauptet — um eine geheime Truppe oder eine Kommandoorganisation. Zu Einzelheiten wollte Klein aus Geheimhaltungsgründen keinerlei Stellung beziehen. Er ließ aber durchblicken, daß „Gladio“ in der Bundesrepublik auch heute noch existiere.

Nach dpa-Informationen wurde „Gladio“ von Anfang an vom Bundesnachrichtendienst (BND) in Pullach bei München aus geführt. Mit der Bundeswehr habe dies nichts zu tun, erläuterte Klein. Alle diese Vorkehrungen für den Verteidigungsfall „wurden naturgemäß geheimgehalten“, betonte Klein. Ihre Abstimmung zwischen den beteiligten Bündnispartnern sei „auf Fachebene“ erfolgt.

Einzelheiten könne die Bundesregierung nur in den zuständigen Gremien — der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) — vortragen, sagte Klein. Aus den Ausführungen von Klein wurde klar, daß die Bundesregierung dem Parlament bisher über „Gladio“ noch nie berichtet hat.

Hohe deutsche Nato-Offiziere, die nicht namentlich genannt werden wollen, machten gegenüber der Agentur 'ap‘ darauf aufmerksam, daß Meldungen über eine angebliche Ausrüstung der „Gladio“-Angehörigen mit gegnerischen Waffen auf die mögliche Verwendung als „Insurgenten-Truppe“ schließen ließen (Das lateinische Wort „insurgent“ steht für „Aufständischer“). Dies wäre allerdings nicht mit dem NATO-Statut vereinbar. Der Bundesregierung sollte nach den Worten des SPD-Abgeordneten Hermann Scheer klar sein, daß die Fragen nach der Existenz von „Gladio“ nicht nur eine Aufgabe parlamentarischer Kontrolle seien. Wenn diese Aktivitäten auch in Deutschland existierten, „dann ist das gleichzeitig eine Angelegenheit für die Staatsanwaltschaft — nach meiner Auffassung für den Generalbundesanwalt“.

Das ergebe sich daraus, „daß die Existenz einer bewaffneten militärischen Geheimorganisation außerhalb jeglicher Kontrolle durch Parlamente und Regierungen — und außerhalb des Status der offiziellen Streitkräfte — mit der verfassungsmäßigen Legalität nicht vereinbar ist und strafrechtlich verfolgt werden muß“. Gladio in Schweden - Seite 9

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen