Tour d‘Europe

■ Sprachenwirrwar in Straßburg

Knapp 3000 Jahre nach der großen Verwirrung bei dem Turmbau zu Babel, ist in Europa Sprache wieder ein Konfliktthema. Regelrechten „Sprachterror“ übe die Pariser Regierung gegenüber den sieben in Frankreich gesprochenen Regionalsprachen aus, klagten Wissenschaftler am vergangenen Wochenende bei einem Kolloquium in Straßburg. Gegen Ignoranz und teilweise brutale staatliche Gewalt müssen sich auch ethnische und kulturelle „Minderheiten“ (die in manchen Gebieten die Mehrheit stellen) in Griechenland und der Türkei verteidigen. Gemeinsam blockieren auch die Pariser, die Athener und die Ankaraer Regierung die Verabschiedung einer „Charta für Regionalsprachen“, an der eine Expertengruppe des Europarates arbeitet. Diese Charta soll das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument zum Schutz von Minderheitensprachen werden.

Aufbauhilfe in allen Lebenslagen für die sich neu formierenden und neidisch in den Westen blickenden osteuropäischen Länder leistet der Europarat. In den vergangenen drei Jahren befaßten sich über 50 Expertentagungen mit diversen Themen, von der Beratung für eine neue Verfassung für Rumänien bis hin zu Lohnverhandlungstechniken für die Sowjetunion. In dieser Woche sind drei Gruppen des Europarats unterwegs: Verbandsrechtler und Medienrechtler in Warschau sowie Sozialversicherungsexperten in Budapest.

Anstatt über Einfuhrstopps auf den großen europäischen Absatzmarkt wenigstens ein bißchen zum Schutz dessen beizutragen, was von den tropischen Regenwäldern noch übriggeblieben ist, finanziert die EG auch noch „Entwicklungsprojekte“, die zwangsläufig zum Kahlschlag führen. So unterstützt die Gemeinschaft die Abholzung in Äquatorial-Guinea und in Französisch-Guayana. Das Europaparlament, das gute wenn auch reichlich machtlose Gewissen der Zwölfergemeinschaft, fordert jetzt ein Verbot der Einfuhr seltener und vom Aussterben bedrohter Hölzern. Solange im Lieferland kein ökologisch vernünftiger Umgang mit den Wäldern betrieben wird, sollen auch andere Hölzer boykottiert werden.

Wie‘s um das Umweltbewußtsein innerhalb Europas bestellt ist, zeigt eine Replique des Brüsseler Verkehrskommissars van Miert an den Wiener Verkehrsminister Streicher. Der Österreicher hatte angekündigt, daß auch nach der Wiederinstandsetzung der im Sommer teilweise eingestürzten Inntalbrücke, die Brenner-Autobahn für den Transitschwerlastverkehr gesperrt bleiben soll. Stattdessen sollen mehr Transporte auf die Schiene verlagert werden. Van Miert protestierte heftig gegen diesen umweltfreundlichen Entscheid. Dabei hatte der Kommissar vor exakt drei Wochen auf diesen Seiten ein Plädoyer für den kombinierten Transport auf Straße und (verstärkt) Schiene veröffentlicht (Eurotaz vom 25. Oktober).

Nicht uneingeschränkt beliebt ist die EG in Griechenland, wo sie maßgeblich an einem staatlichen Sparprogramm mitwirkt. Bei einer Demonstration in Athen zur Erinnerung an die Studentenrevolte vom 17. November 1973 gegen das Obristenregime, stürmten am vergangenen Samstag rund 100 Personen das Büro der EG. Die 30 Polizisten, die vor dem Büro postiert worden waren, konnten die militanten EG-GegnerInnen nicht aufhalten. dora