: Eine der besten Aktionen
■ betr.: "Grüne durchsuchen Grünen-Zentrale", taz vom 19.11.90, Beschlagnahmung von Flugblättern der Grünen, (Aufruf zur "Fahnenflucht") und der öffentlichen Solidarisierung der PDS/Linke Liste, unter anderem ...
betr.: „Grüne durchsuchen Grünen-Zentrale“, taz vom 19.11.90, Beschlagnahmung von Flugblättern der Grünen, (Aufruf zur „Fahnenflucht“) und der öffentlichen Solidarisierung der PDS/Linke Liste, unter anderem in einer Anzeige vom 19.11.90
Der Aufruf der Grünen zur Kriegsdienstverweigerung und „Fahnenflucht“ im Falle eines Kriegsbeginns am Golf ist meines Erachtens eine der besten Aktionen, die von den Grünen seit längerer Zeit gestartet wurden. Sie kann ein Störfaktor sein für die deutschen Großmachtgelüste, zu denen das Verheizen von deutschen Soldaten in einem möglichen Krieg gehören würde. Jeder Wehrpflichtige und Soldat kann zum potentiellen Deserteur werden.
Die Frage ist nun in meinen Augen weniger, wie wirksam Aufrufe zur Fahnenflucht und dergleichen sind. Es geht mir darum, wie ernst das von den Grünen und in ihrem Gefolge, taz-öffentlich per Anzeige, von der PDS/Linke Liste gemeint ist. Ich werde angesichts bisheriger grüner Politik den Verdacht nicht los, daß der Begriff „Fahnenflucht“, obwohl er von den Bonner Fahndern durchaus im eigentlichen Sinne verstanden wurde, nichts weiter als eine wahlkämpferische Wortschöpfung ist. Die Verweigerung der Wehrpflicht ist eben bekanntlich in unserem friedlich-freiheitlichen Staat eine Straftat. Wehrpflichtverweigerer, auch Totalverweigerer genannt, werden konsequent kriminalisiert. Von den Grünen wurden einzelne in der Vergangenheit materiell und ideell unterstützt, aber von der grünen Partei wird die konsequente KDV=Totalverweigerung mehrheitlich (immer noch) abgelehnt, wird die Abschaffung der Wehrpflicht und ihrer gesetzlichen Grundlagen (immer noch) mehrheitlich abgelehnt, wird die Erfüllung der Wehrpflicht in Form des (zu reformierenden) Zivildienstes propagiert.
Wenn also der grüne Aufruf zur Fahnenflucht wirklich ernst gemeint sein soll, dann darf das aus der Sicht totaler KDVer nicht nur die Forderung nach Wegwerfen der Waffe unmittelbar vor der Kriegshandlung bedeuten, sondern:
1.Weg von der legalistisch-reformerischen Politik! Keine Reform des Zivildienstes! Abschaffung der Wehrpflicht! Abschaffung aller militärischen und zivilen Zwangsdienste!
2.Juristisch heißt das vor allem: Forderung nach Abschaffung des Paragraphen 12aGG, der die umfassende Heranziehung zu Kriegsdiensten aller Art möglich macht.
3.Politische, juristische und finanzielle Unterstützung von Totalverweigerern bis hin zur Gewährung von politischem Asyl in Euren Büros bei drohender Strafhaft.
Also, Ihr Grünen und PDSler: Wir nehmen Euch beim Wort: „Je mehr Fahnenflucht, desto weniger Krieg“! Andreas Linder, Tübingen, Kollektiv gegen die Wehrpflicht (KWG), Süd
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