Bandenkampf mit spitzem Stock

■ Weltmeister Ludo Dielis gewinnt wie im Vorjahr das Berliner Weltcup-Turnier im Dreibanden-Billard

Berlin (taz) — Die belgischen Buchmacher haben keine großen Verluste erlitten — Dielis, Blomdahl, Ceulemans belegten die ersten drei Plätze im Berliner Weltcup-Turnier der Profis im Dreibanden-Billard, das in diesem Jahr zum fünften Male im Hotel Kempinski ausgetragen wurde. Von einer Überraschung kann man da kaum reden, auch wenn der Schwede Blomdahl als leichter Favorit in das Finale eintrat, jedoch nach fünf Sätzen und einem vergebenen Matchball dem Belgier Ludo Dielis unterlag, der damit in Berlin zum zweiten Male gewann.

Eine angenehme Überraschung dagegen war der vierte Platz der Berliner Lokallegende Dieter Müller. Jahrelang hatte Müller in seinem Berliner Heimatturnier ziemlich glücklos gespielt, bis es ihm im letzten Jahr und auch diesmal wieder gelang, unter die letzten vier vorzustoßen. Er hatte jedoch schwer zu kämpfen: Der Niederländer Routinier Rini van Bracht leistete ihm heftigen Widerstand in vier hart umkämpften Sätzen, und Müllers Spiel gegen den Saarländer Qualifikanten Frank Jungfleisch wurde gar zu einem wahren Krimi: Im fünften Satz, beim Stande von 14:14, hatten beide Spieler jeweils zwei Matchbälle, bevor Müller zum Sieg kam. Im Halbfinale verlor dann Müller glatt gegen Blomdahl, bevor er im Spiel um den dritten Platz gegen das belgische Billard- Denkmal Raymond Ceulemans antreten mußte.

Müller spielte hervorragend, schaffte trotz eines total verkorksten ersten Satzes einen Durchschnitt von 1.5 (die beiden übrigen Sätze spielte er über zwei) und legte im dritten Satz eine Zehnerserie hin — mehr als ein Satzball sprang jedoch nicht heraus: der Altmeister spielte ungerührt einen Schnitt von 2.5 durch und siegte mit 15:1, 15:9 und 15:14.

Dieter Müller war auf diesen Erfolg dringend angewiesen. Die alteingesessenen Koryphäen sind unter mächtigen Druck der nachdrängenden Konkurrenz geraten — Müller rutschte im letzten Jahr aus dem Feld der besten acht und war in diesem Jahr auf eine Wild Card der Veranstalter angewiesen. Der Japaner Kobayashi, im letzten Jahr in Berlin noch zweiter, ist in diesem Jahr schon gar nicht mehr dabei. Auch in Deutschland ist einiges in Bewegung geraten: Ebenso hervorragend wie Jungfleisch, der in der ersten Runde den starken Franzosen Bitalis entnervte, spielte der Kölner Christian Rudolph, der überraschend den Italiener Zanetti schlug und auch Thorbjörn Blomdahl starken Widerstand leistete, bevor er 1:3 unterlag.

Auf östliche Verstärkung müssen Deutschlands Billardspieler allerdings noch etwas warten, denn die Spieler aus der Ex-DDR tun sich nach jahrelanger Isolation noch sehr schwer mit dem weitaus besseren Westmaterial.

Als neuer Billardstern dagegen ist der New Yorker Sang Lee einzuschätzen, der in der ersten Runde den starken Japaner Mano in fünf Sätzen bezwang — im letzten Jahr hatte Mano in Berlin den dritten Platz belegt. Schon zuvor hatte Raymond Ceulemans dem Amerikaner bescheinigt, er gehöre nach seinen technischen Fähigkeiten zu den fünf besten der Welt. Ceulemans und Sang Lee trafen in der zweiten Runde aufeinander; der Belgier, der nach seinem leichten Auftaktsieg über den Berliner Harald Thiele das Spiel seines zukünftigen Kontrahenten aufmerksam beobachtet hatte, ging offensichtlich hoch konzentriert in das Match und schlug die Nachwuchshoffnung sicher mit 3:1.

Daß die vier Bestplazierten sämtlich einen Turnierdurchschnitt über eins erzielten (Blomdahl 1.9, Dielis 1.64), ist nicht verwunderlich; von der härter gewordenen Konkurrenz zeugt da schon eher, daß auch von den acht Spielern der zweiten Runde sieben über eins blieben (der achte, der Japaner Arai, lag knapp darunter). Vom Lospech verfolgt war der Japaner Komori, dem bei seiner 1:3- Niederlage gegen Blomdahl in der ersten Runde auch ein Schnitt von 1.6 nicht weiter half.

Die erste fünfjährige Phase des Dreiband-Weltcups geht mit diesem Jahr zu Ende. In den kommenden Jahren werden die Weltcup-Turniere erheblich spektakulärer: Nur noch vier Spieler werden fest gesetzt, zwölf weitere müssen eine Eingangsrunde bestreiten, in der sie sich mit den besten zwölf aus vorgeschalteten, offenen Qualifikationsturnieren mit jeweils 128 Teilnehmern herumzuschlagen haben. Wenn, wie zu hören war, das nächstjährige Berliner Weltcup-Turnier trotz des Rückzugs des bisherigen Hauptsponsors finanziell gesichert ist, wird man sich auch in Berlin hautnah über die internationale Leistungsbreite im Dreibanden- Billard informieren können. Meino Büning