: Handlungsbedarf bei US-Altlasten
Dreißig von 358 verseuchten US-Grundstücken sollen demnächst geräumt werden ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Im Erdreich und Grundwasser des amerikanischen Militärflughafens Zweibrücken finden sich chlorierte Kohlenwasserstoffe ebenso wie die zur Enteisung der Rollbahnen benutzten ammoniakhaltigen Chemikalien, und aus den Fotolabors des Luftaufklärungsgeschwaders dringen Schwermetalle in den Boden. Doch bald soll Schluß sein: Ende nächsten Jahres will die US-Luftwaffe abziehen. Doch was aus der verseuchten Umwelt wird, ist ungeklärt.
Klar ist nur eines: Die Amerikaner wollen nicht zahlen, sondern selbst Bares sehen für die zurückgelassen Liegenschaften — nach Informationen aus den USA rund 150 bis 180 Milionen Dollar für Zweibrücken.
Die Amerikaner, die in den nächsten Jahren rund 60.000 Soldaten aus der Bundesrepublik abziehen werden, wollen insgesamt 123 Stützpunkte räumen.
Welche davon von Umweltschäden belastet sind, ist bislang nahezu unbekannt. Der gestern von der taz veröffentlichte Bericht der US-Armee, der bei 358 von ihr genutzten Grundstücken erhebliche Umweltschäden eingesteht, läßt das Ausmaß ahnen.
Zugegeben wird auch, daß die genannte Zahl sich ständig ändere. Nach Armee-Angaben sind 26 Grundstücke so stark verseucht, daß mit vorläufigen Reinigungskosten zwischen einer und sechzehn Millionen Dollar gerechnet wird.
Besonderer Handlungsbedarf für die Bundesregierung besteht deswegen, weil rund 30 der schwer verseuchten Armeegrundstücke auch auf der Liste der Einrichtungen stehen, die von den Amerikanern demnächst aufgegeben werden sollen. Werden Sanierungskosten nicht vor einem Abzug ausgehandelt, muß die Bundesrepublik diese tragen. Hinzu kommt, daß der Armeebericht die Einrichtungen der US-Luftwaffe unberücksichtigt läßt. Zweibrücken aber ist kein Einzelfall.
In Bitburg haben Chemikalien die Grundwasserströme vergiftet. Auf der Frankfurter Rhein-Main-Air- base wird es mindestens 15 Millionen Dollar kosten, das Erdreich von in Jahrzehnten eingesickerten giftigen Chemikalien und Treibstoff zu reinigen.
Die Bundesregierung dagegen hat noch vor kurzem in einer kleinen SPD-Anfrage eingestanden, sie habe keinerlei Informationen über notwendige Sanierungskosten. Studien des amerikanischen Verteidigungsministeriums, die von Sanierungskosten in Milliardenhöhe ausgehen, seien ihr nicht bekannt.
Zwar wird eingestanden, es seien Fälle von Boden- und Gewässerbelastungen bekanntgeworden, doch wird lapidar darauf verwiesen, die US-Streitkräfte seien an deutsche Umweltgesetze gehalten.
Auch die Landesregierungen haben in der Vergangenheit wenig gegen die drohenden Gefahren getan.
So antwortete beispielsweise die rheinland-pfälzische Landesregierung 1988 lediglich mit einem schlichten „Ja“ auf die Frage, ob ihr bekannt sei, daß nach Enteisungen der Rollbahnen des US-Flughafens Spangdahlem regelmäßig ein Fischsterben folge. Erst seit kurzem wird über das von den Grünen seit langem vorgeschlagene Altlastenkataster nachgedacht.
Die bayerische SPD hat vor wenigen Tagen die CSU-Landesregierung zu einer „ungeschminkten Offenlegung“ aller Umweltmißstände in US-Stützpunkten aufgefordert, anstatt weiter abzuwiegeln.
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