: Diplomatie ist gefragt
■ Mit Souveränität ließe sich die Lage entspannen ZURSACHE
Verhandlungsmöglichkeiten zwischen Magistrat und den Ex- BesetzerInnen der Mainzer Straße sind scheinbar nicht mehr in Sicht. Zwar haben die geklauten 500 DM mittlerweile wieder den Besitzer gewechselt — wie es von seiten der BesetzerInnen hieß, habe eine »Einzelperson« das Geld wieder zurück überwiesen — Oberbürgermeister Schwierzina jedoch hält weiter an seiner Strafanzeige wegen Diebstahl und der Gesprächsverweigerung fest. Sicher: Mit dem Klau von Geld und Dokumenten aus Schwierzinas Büro — was vom Besetzerplenum weder bestätigt noch dementiert wird, weil es »albern« sei, zu glauben, »wir hätten als Kollektiv 500 DM geklaut« — haben die daran Beteiligten gnadenlose Dämlichkeit bewiesen: Selbst wohlwollende BetrachterInnen mögen sich nicht mehr mit dem vielzitierten Argument »die haben unser Eigentum ja auch entwendet und zerstört« abspeisen lassen. Für den wesentlich größeren Rest aus BürgerInnen und etablierten Parteien ist dieser Diebstahl ein gefundenes Fressen — ausgemacht sind die wahrhaft Schuldigen, das Vorurteil hat seine reale Grundlage gefunden. Folge: Erzürnt stehen sich beide Seiten gegenüber und lauern auf weitere, bereits vorprogrammierte Auseinandersetzungen. Die aber ließen sich vielleicht verhindern — wenn, ja wenn Schwierzina Souveränität bewiese. Er könnte die BesetzerInnen auffordern, auch die entwendeten Dokumente wieder zurückzugeben — und diese Aufforderung mit einem neuen Gesprächsangebot verknüpfen. Damit hätten beide Seiten ihr Gesicht gewahrt und die Fronten wären zunächst aufgeweicht — wie auch immer es danach weiterginge.
Die BesetzerInnen haben ihre Verhandlungs- und Gesprächsbereitschaft in den letzten Tagen mehrfach betont und mit der Rücküberweisung des Geldes einen konstruktiven Schritt getan. Doch statt menschliche Größe zu zeigen, führt sich Schwierzina auf wie ein verhinderter Pädagoge — dabei sollte es doch orginär seine Aufgabe sein, mit diplomatischem Geschick und strategischem Vorgehen Politik zu machen. Martina Habersetzer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen