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Hartes Ringen beider Seiten um Verträge

■ Besetzer und Wohnungsbaugesellschaften verhandeln mit unterschiedlichem Erfolg über Legalisierung

»Wir drängen die Wohnungsbaugesellschaften, mit den Besetzern Verträge abzuschließen, aber wir sind dagegen, auf alle Forderungen der Besetzer einzugehen.« Das erklärte gestern der Planungsreferent des Bausenats und Abteilungsleiter der Magistratsbauverwaltung, Günther Fuderholz, auf Nachfrage der taz. Er trat damit der von den Besetzern geäußerten Befürchtung entgegen, Magistrat und Senat spielten wegen der Wahlen auf Zeit. Die Panik der Besetzer, daß nach dem 2. Dezember aufgrund veränderter poltischer Mehrheitsverhältnisse plötzlich keine friedliche Lösung mehr gewollt werden könne, verstand Fuderholz nicht: Schließlich regierten Magistrat und Senat in der derzeitigen Zusammensetzung solange weiter, bis sich am 11. Januar ein Gesamtberliner Parlament konstituiert habe.

Der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Mitte, Jesch, versicherte gleichfalls, an der Verhandlungsbereitschaft seiner Gesellschaft werde sich nach den Wahlen nichts ändern. Der Stand in Mitte sei der, daß mit den Bewohnern von fünf besetzten Häusern Einzelmietverträge unmittelbar vor dem Abschluß stünden. Mit vier bis fünf weiteren Häusern würden in dieser Hinsicht Gespräche geführt. Jesch schätzte, daß in Mitte rund 30 Häuser besetzt sind, Räumungsbegehren seien nicht gestellt. Außerdem gibt es noch zehn Häuser im Scheunenviertel, die im Rahmen des 25-Millionen-Senats- Projekts eine Förderungszusage haben. Zu der Forderung der Scheunenviertel-Besetzer, zusätzlich zu Einzelmietverträgen eine Option auf 15jährige Selbstverwaltungsverträge zu bekommen (siehe taz von gestern) sagte Jesch, darüber müsse der Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft entscheiden. Mit einem Ergebnis sei »frühestens« Mitte bis Ende Dezember zu rechnen.

Der Stand der Verhandlungen im Bezirk Prenzlauer Berg wurde von dem Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft, Nicklitz, als »sehr gut« beschrieben. Mit den Bewohnern von 20 besetzten Häusern seien bereits Einzelmietverträge abgeschlossen worden oder kurz vor dem Abschluß. Zur Zeit gebe es in Prenzlauer Berg noch rund 35 besetzte Häuser. Nicklitz bekräftigte den Willen, mit den Besetzern nach dem Abschluß von Einzelmietverträgen — »das ist der beste Schutz bei einem Eigentümerwechsel« — auch »weitergehende« Verträge abzuschließen. Vorbereitet seien bereits Instandsetzungs- und Modernisierungsverträge, zu dem auch die Selbstverwaltung gehöre. Langfristige Nutzungsverträge könnten jedoch nur dann in Kraft treten, wenn die Eigentümerfrage geklärt ist.

Nicht in Erfahrung gebracht werden konnte gestern der genaue Stand der Verhandlungen im Bezirk Friedrichshain. Der Geschäftsführer der Wohungsbaugesellschaft Rotter ist nach Angaben seiner Sekretärin »auch in nächster Zeit nicht« zu einer persönlichen Auskunft gegenüber der taz bereit. Aus einer Presseerklärung vom vergangenen Donnerstag geht hervor, daß am 22. November — nach der Räumung der Mainzer Straße — mit den Bewohnern von sechs Häusern »Vereinbarungen« auf der Grundlage von Einzelmietverträgen und eine Instandsetzungsvereinbarung je Haus abgeschlossen worden seien. Mit weiteren 12 Häusern liefen ähnliche Verhandlungen. Daß die angebotenen Vereinbarungen für die Besetzer zum Teil unannehmbar sind, — »sie lassen bis auf weiteres eine Räumung zu« — machten die Besetzer der Rigaer Straße 95 deutlich: So weigere sich die Wohnungsbaugesellschaft, die Bewohner zu legalisieren, wenn nicht »zuvor« ein Instandsetzungskonzept vertraglich vereinbart worden sei. Der Justitiar der Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg war gestern nicht erreichbar. plu

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