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Schweizer Geheimarmee nicht mehr geheim

Basel (taz) — Eines der bestgehüteten Geheimnisse des eidgenössischen Militärministeriums hat das in Zürich erscheinende Wochenblatt 'Weltwoche‘ in seiner gestrigen Ausgabe gelüftet. Es identifizierte den Chef der geheimen Widerstandsorganisation „P-26“: Der Dunkelmann heißt Efrem Cattelan, ist Oberst im Generalstab und fungiert nach außen ganz zivil als Verwaltungsrat der in Basel ansässigen Tarnfirma ConsecAG. Die Existenz von P-26 war erst letzten Freitag von einer Untersuchungskommission des Parlaments offengelegt worden. Die Truppe, so die Kommission, habe ohne jede Rechtsgrundlage und Kontrolle bestanden. Seit Sommer 1979 war Efrem Cattelan Chef der P-26 mit einem Jahresgehalt von umgerechnet fast 290.000 Mark. Seine Identität hatte der Parlamentsausschuß aus Geheimhaltungsgründen hinter dem Decknamen „Rico“ versteckt. Der Ausschuß will jetzt prüfen, welche Verbindungen zwischen der schweizerischen P-26 und dem „Gladio“-Netz der Nato bestanden. Die Frage birgt für die Schweiz enormen politischen Sprengstoff, da als höchste außen- und militärpolitische Richtlinie stets die „immerwährende Neutralität“ des Landes proklamiert wird. Fest steht bereits, daß die Schweiz P-26-Agenten auf Sabotagekurse nach Großbritannien schickte (Experten hatten zunächst auf Belgien getippt). Umgekehrt absolvierten britische Kommandos Kurse in der Schweiz. Ferner schaffte P-26 Mitte der achtziger Jahre das im Nato-Auftrag von einem deutschen Konzern entwickelte Kommunikationssystem „Harpoon“ an; mit dem gleichen System war Gladio ausgerüstet. Die Schweiz beteiligte sich sogar an den Entwicklungskosten für Harpoon. Eine dieser Übermittlungsanlagen ließen die Schweizer gleich in England fest installieren, angeblich zu Ausbildungs- und Übungszwecken. Von Großbritannien aus hatte die CIA den Aufbau des europäischen Gladio- Netzes koordiniert. thosch

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