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Bangladesch bleibt bei Protest

■ Opposition lehnt Ershads Offerte ab/ Landesweiter Generalstreik/ Vermutlich 200 Verletzte

Dhaka (dpa/adn) — Die politische Krise in Bangladesch dauerte auch am Dienstag ungeachtet einer Rücktrittsankündigung von Präsident Hussain Mohammed Ershad weiter an. Der Oppositionsaufruf zum Generalstreik wurde offenbar in großem Umfang befolgt. Wirtschaftsleben und öffentliches Verkehrswesen kamen praktisch zum Erliegen. Bei Zusammenstößen zwischen Streikposten und Soldaten sollen mehr als 200 Menschen verletzt worden sein. Augenzeugen berichteten, Demonstranten hätten Regierungsgebäude in der Hauptstadt Dhaka sowie den Städten Chittagong und Khulna mit Steinen beworfen. Puppen, die Ershad darstellten, seien verbrannt worden.

Die Protestkampagne werde fortgesetzt, bis Ershad tatsächlich zurücktrete, sagte der Vorsitzende der oppositionellen Awami-Liga, Scheich Hasina Wased, in Dhaka bei einer Kundgebung vor 50.000 Anhängern. Die Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party, Begum Khaleda Zia, bezeichnete den von Ershad am Vortag vorgelegten Zehnpunkteplan als „Bluff“ und forderte, er solle wegen Korruption und Mißwirtschaft vor Gericht kommen. Etwa 100 Regierungsangestellte, darunter auch hohe Beamte, kündigten unterdessen ihre Stellen, weil sie nicht bereit sind, noch länger unter Ershad zu dienen.

Der frühere Armeechef war 1982 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen. Nach tagelangen Demonstrationen hatte Ershad am Montag zwar seinen Rücktritt angekündigt, gleichzeitig aber erklärt, er wolle sich um eine Wiederwahl bemühen. Eine Übergangsregierung solle Präsidenten- und Parlamentswahlen vorbereiten, sagte Ershad, ohne einen Wahltermin zu nennen. Ershad stimmte auch einer Überwachung der Wahlen durch ausländische Beobachter zu und kündigte die Aufhebung der in der vergangenen Woche erlassenen Pressezensur an. Er hatte den Ausnahmezustand verhängt, nachdem die Opposition ihre seit Monaten laufende Kampagne für seinen Rücktritt verstärkt hatte. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizeikräften wurden in der vergangenen Woche mindestens 80 Menschen getötet und mehr als 4.000 verletzt. Rund 5.000 Menschen wurden festgenommen.

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