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Der „Wind des Krieges“ weht in den Gazetten

Oberflächliche Entspannungs- und Verschärfungssignale dienen in Italien dazu, die Friedensbewegung zu verunsichern  ■ Aus Rom Werner Raith

Für den konservativen 'Il Tempo‘ war es eine „schicksalshaft falsche Entscheidung“, der liberale 'Corriere della sera‘ sieht einen „kapitalen Fehler“, der niemals hätte passieren dürfen; auch die linksliberale 'La Repubblica‘ kommentiert in diesem Sinne: „fataler Entschluß“. Die Rede ist, es jährt sich gerade zum fünfzigsten Mal, vom Einfall der italienischen Truppen in Griechenland, erste große Aktion an der Seite der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Doch die Frage ist bei all diesen Artikeln und Besprechungen keineswegs die, ob man damals in den Krieg überhaupt hätte eintreten dürfen — es geht, verdeckt oder offen, fast ausschließlich darum, ob man nicht schlichtweg den falschen Partner gewählt hatte, den späteren Verlierer Deutschland.

Daß diese Frage so bewegt, ist gerade in diesen Wochen und Monaten kein Zufall. So intensiv wie in Italien wird die Golfkrise in kaum einem anderen Land vor allem als Problem der klugen Seitenwahl diskutiert. Nur selten kommt dagegen die Frage auf, ob man nicht von vornherein jede Kriegsvorbereitung ausschließen sollte. Als der KP-Altlinke Pietro Ingrao vergangene Woche noch einmal seine schon seit Beginn der Kuwaitkrise vertretene Meinung bekräftigte, italienische, deutsche, amerikanische oder russische Kriegsschiffe und Soldaten hätten in keinem Falle etwas am Persischen Golf verloren, fiel ihm sein Parteivorsitzender regelrecht ins Wort: Stärke müsse man zeigen, als guter Alliierter der USA sich erweisen, alles andere folge daraus automatisch.

Die Medien ziehen nicht mit Ingrao mit, sondern mit Occhetto, und der wiederum weiß sich völlig einig mit der Regierung: Wenn's kracht, sind wir dabei. Und die Bevölkerung wird täglich intensiver darauf vorbereitet, daß es krachen wird. „Venti di guerra“, der Wind des Krieges, weht: die nahezu täglich in den Medien wiederkehrende Phrase. Die psychologische Vorbereitung erfolgt dabei vor allem mit Hilfe ständiger Wechselbäder: Hoffnung, Angst, Schrecken, ...

Die — zweifellos tatsächlich — widersprüchlichen Meldungen aus der Region werden aber kaum einmal grundlegend analysiert und auch nicht dem kontradiktorischen Verhalten der potentiellen Interventionsteilnehmer aus Europa, den USA und der UdSSR zugeschrieben, sondern ausschließlich Saddam Hussein. Tendenz: Der Kerl wird so unberechenbar, daß auch der Gutwilligste zuschlagen muß.

Doch genau an dieser Stelle tritt nun plötzlich das Allianzproblem auf: Sicher, man ist mit den USA verbündet, die Nato-Staaten müssen da mitziehen... Doch könnte es nicht sein, daß man besser den Arabischen Staaten Hilfe anbietet, wenn diese sich doch noch zu einer Streitmacht gegen Saddam entschließen sollten? Die Frage wird, schlitzohrig wie immer, vor allem unter zwei Aspekten diskutiert: Erstens werden die Araber sicher nicht so früh wie die Amerikaner losschlagen, so daß man Zeit gewinnt und erstmal erkennen kann, wer die besseren Karten hat. Zweitens: Zwar hätte man an der Seite der Amerikaner bessere Siegesaussichten — doch wie, wenn Bush am Ende, etwa gehemmt durch den Kongreß, gar nicht losschlägt, sonder wieder abzieht? Oder Saddam am Ende plötzlich wieder als Stabilisierungsfaktor im Vorderen Orient in Mode kommt? Dann könnte sich Italien als der besonnene Araberfreund präsentieren, und das Erdöl würde zu Sonderkonditionen fließen.

„Die These ist nicht von der Hand zu weisen“, sagte im Rundfunk ein Rezensent zum Buch des Historikers Renzo de Felice über den „Allierten“: Wenn wir damals Griechenland nicht an der Seite der Deutschen überfallen, sondern mit den Amerikanern erobert hätten, würden uns jetzt ein paar schöne Inseln in der Ägäis gehören.“

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