Wohnungen aus dem „RAF-Umfeld“durchsucht

Berlin (taz) — Auf der Suche nach Beweisen für die Ausspähung von führenden Personen aus Wirtschaft und Politik hat die Bundesanwaltschaft gestern im Bundesgebiet über 20 Wohnungen durchsuchen lassen. Schwerpunkt der Aktion war der Großraum Stuttgart. Aber auch in Münster in Westfalen suchten insgesamt 380 Beamte des Stuttgarter Landeskriminalamts eine und in Hamburg zwei Wohnungen heim, deren Inhaber dem „RAF-Umfeld“ zugerechnet werden. Beschlagnahmt wurden unter anderem Stadtpläne und Broschüren. Zeugen berichteten, daß in Stuttgart mindestens drei und in Münster eine Person vorläufig festgenommen wurden.

Wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Hans-Jürgen Förster, erklärte, lag dem Einsatz ein Beschluß des Ermittlungsrichter beim Karlsruher Bundesgerichtshof vom 30. November zugrunde. Es habe sich bei den Wohnungsinhabern nicht um Beschuldigte, sondern um „Umfeldpersonen“ der RAF gehandelt. Da sich diese in einem engen „Beziehungsgeflecht“ untereinander befänden, gebe es den berechtigten Verdacht, bei ihnen Beweise für die Ausspähungen zu finden.

Hintergrund der Aktion ist der Fund „präparierter“ Stadtpläne in den Häusern der Hamburger Hafenstraße am 15. Mai. Bei einer großangelegten Razzia unter dem Vorwand der Fahndung nach zwei mutmaßlichen RAF-Mitgliedern stellten die Behörden damals unter anderem auch Stadtpläne sicher, die wegen der eingezeichneten Markierungen auf eine Ausforschung des Umfeldes von Personen wie Kanzler Kohl, Justizminister Engelhard oder Edzard Reuter deuteten. Von den gestrigen Dursuchungen erhoffen sich die Ermittler Aufschluß, wie es zu diesen Ausforschungen gekommen ist.

Die Bewohner der Hafenstraße hatten nach der Durchsuchnug jeden Zusammenhang mit den sichergestellten Unterlagen zurückgewiesen. Nach ihrer Darstellung stammen die Stadtpläne aus Fahrzeugen, die vor der Hafenstraße abgestellt und aus denen die Pläne gestohlen wurden. Entgegen der üblichen Praxis hat sich auch die RAF in einem Schreiben vom 24.9. zu den Funden erklärt: Es „gab und gibt es keine Pläne von uns in der Hafenstraße“. Im „Rahmen der Hetze gegen den Hafen“ kochten die Behörden „die wildesten Konstruktionen zusammen“.

Für Förster besteht der Verdacht aber weiter, daß unbekannte Mitglieder oder Unterstützer der RAF diese Ausspähungen durchgeführt haben. Die Erkundung von Fahrtstrecken sei in der Vergangenheit oft Voraussetzung für Anschläge gewesen. Für derartige logistische Aufgaben werde häufig das „Umfeld“ eingebunden. In ihrer Erklärung hatte die RAF aber betont, „unsere Aktionen planen und führen wir von Anfang bis Ende selbst durch“. Wolfgang Gast