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SPD: Engholm als Vorstandschef?

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident schließt seine Kandidatur nicht aus/ Herta Däubler-Gmelin und Heidi Wizcorek-Zeul im Gespräch/ Vogel als Fraktionschef wiedergewählt  ■ Aus Bonn Tina Stadlmayer

Björn Engholm, schleswig-holsteinischer Ministerpräsident, ist eindeutiger Favorit für das Amt des SPD-Parteivorsitzenden. Der Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Wolfgang Roth hält ihn für einen „hervorragenden Kandidaten“, der Abgeordnete Rudolf Dressler wünscht, „daß er bereit ist, es zu machen“, und ist sich „sicher, daß das die Mehrheit in der Fraktion so sieht“. Sogar SPD-Traditionalist und Gewerkschafter Hermann Rappe hält „viel“ von Engholm. Nur der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder sagt: „Ich kenne ihn nicht gut.“

In einem Interview mit dem Springerblatt 'Berliner Morgenpost‘ hatte Björn Engholm verkündet: „Ich möchte gerne in dem Feld dabei sein, das künftig die Partei führt.“ Seine Kandidatur zum Parteivorsitz sei „nicht völlig ausgeschlossen“, er bezeichnete sich selbst als „nicht der schlechteste Kandidat“. Am Dienstag hatte er dagegen noch gesagt, auch eine Frau könne gut Vorsitzende werden.

Die stellvertretende Vorsitzende Herta-Däubler Gmelin will sich strikt „nicht an Spekulationen über Personen beteiligen“. Dennoch würde sie den ersten Parteivorsitz sicher nicht ablehnen. Stolz verweist sie darauf, daß sie in ihrem Thüringer Wahlkreis drei Prozent zulegen konnte. Im Gespräch ist jetzt auch Heidi Wiezcorek-Zeul, die ebenso gerne das hohe Amt bekleiden würde (Interview auf dieser Seite). Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau — als Übergangsvorsitzender gehandelt — steht zwar für den Notfall zur Verfügung. Er ist wohl aber nicht besonders erpicht auf den Job. Auch Osti Wolfgang Thierse winkte ab. Als stellvertretender Vorsitzender fühle er sich sehr wohl, so Thierse zu den Journalisten.

Gestern nachmittag wurde Hans- Jochen Vogel mit großer Mehrheit als Fraktionsvorsitzender wiedergewählt. Die Abgeordneten sprachen auch über den organisatorischen Umbau ihrer Fraktion. Rudolf Dressler schlug eine „Straffung an der Spitze“ vor. Er will die Zahl der Stellvertreter verringern. Der Bonner Abgeordnete Horst Ehmke kandidiert nicht mehr für den Stellvertreterposten. Statt seiner will Außenpolitiker Karsten Voigt ins Rennen.

Bereits am Dienstag hatte Björn Engholm vorgeschlagen, das Amt des Fraktionsvorsitzenden mit dem des Kanzlerkandidaten zu koppeln. Sein Argument: „Der Fraktionsvorsitzende muß sich am meisten mit dem Bundeskanzler auseinandersetzen.“ Wolfgang Roth forderte dagegen, der Parteivorsitzende müsse Kanzlerkandidat werden. In einem Punkt sind sich jedoch alle einig: Der Parteivorsitzende soll nicht mehr wie bislang auch Fraktionsvorsitzender sein.

Die Landesvorsitzenden Gerd Walter aus Schleswig-Holstein und Ulrich Maurer aus Baden-Württemberg legten der Partei ein Papier zur Lage der SPD vor. Darin heißt es: „Die gegenwärtige Situation birgt weitere Gefahren in sich, die zu einer Spirale nach unten führen können. Wenn nicht gehandelt wird, droht das Abrutschen in Depression, Lethargie und Entmutigung bei Mitgliedern und Anhängern.“

Walter und Maurer fordern indirekt den Rücktritt von Anke Fuchs als Geschäftsführerin der Partei. Sie hat längst selbst keine Lust mehr auf dieses Amt und spekuliert vielmehr darauf, im kommenden Jahr Vogel als Fraktionsvorsitzenden ablösen zu können.

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