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Eine Leiche als modernes Kunstwerk

Foto: Gerald Wesolowski

In »The trouble with Harry« gelingt es Alfred Hitchcock, Normalität und absurdes Verhalten so geschickt miteinander zu verknüpfen, daß ein äußerst makabrer Film entsteht: ein Meisterwerk des Schwarzen Humors — leise und doch sehr, sehr böse. »Out To Lunch« versuchen, sich mit dem Spaghetti Midwestern »Noodle Highway« von Joy Cutler ebenfalls auf diesem Terrain.

Insgesamt ist mit viel Liebe zum Detail gearbeitet worden. Das trifft vor allem auf die Regiearbeit von Simon Newby-Koshwitz zu, die es ohne Klischees plattzuwalzen schafft, eine mittelamerikanische Bar- Atmosphäre auf die Bühne zu zaubern. Sowohl das Ensemble, das ausnahmslos seine Rollen glaubwürdig verkörpert, als auch das praktische und witzige Bühnenbild unterstützen den Gesamteindruck.

Doch leider kann der zündende Funke nicht so recht überspringen. Und das liegt an der Story von Joy Cutler, die in dem übrigens englischsprachigen Stück auch selbst eine Rolle übernommen hat. Sie ist eine des Duos Jeckl und Heckl, einem undefinierbaren Paar mit nicht nachvollziehbaren übersinnlichen Fähigkeiten. Die beiden bringen zwei Frischverheiratete dazu, über sich einmal anders nachzudenken. Der Ehegatte stirbt im Verlauf des Stücks an einem Schinkenbrötchen. Munter wird über den Toten hinweggeplaudert, nur Jeckl und Heckl versuchen erfolglos ihn zurückzuholen. Die Witwe heiratet flugs den Barkeeper, und die Leiche bekommt einen Ehrenplatz als modernes Kunstwerk.

Trotzdem: Die Geschichte ist zu wenig schrill, um wirklich komisch zu sein, und andererseits zu wenig subtil, um richtig böse zu werden. Eine deutliche Entscheidung in eine der beiden Richtungen hätte dem Ganzen gut getan. Anja Poschen

»Out To Lunch« spielt »Noodle Highway« Donnerstag bis Sonntag um 20.30 Uhr bei den Freunden der Italienischen Oper noch bis zum 16.Dezember.

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