Senat schickt Konserven nach Moskau

■ Heute beginnt der Abtransport der Senats- und Bundesreserven/ 300.000 Tonnen Güter im Wert von einer halben Millarde Mark werden an die Sowjetunion verschenkt/ Lagerflächen werden frei

Berlin. Soldaten der Bundeswehr und der Sowjetarmee beginnen ab heute mit dem Abtransport von insgesamt 300.000 Tonnen Nahrung und Haushaltsbedarf aus der Berliner Senatsreserve in die Sowjetunion. Als erstes wird der Berg von insgesamt 3.000 Tonnen Trockenmilchpulver und Verbandsstoffen abgetragen. Täglich werden davon 150 bis 200 Tonnen auf Lastwagen der sowjetischen Armee geladen und zum Militärflughafen Sperenberg südlich von Berlin gekarrt. Von dort werden die Hilfsgüter mit vier Transportflugzeugen der sowjetischen Luftwaffe nach Moskau geflogen. Weitere Güter aus der Berlin-Bevorratung sollen über die Fährverbindung Mukran/Rügen nach Klaipeda/Litauen und von dort in die Sowjetunion gebracht werden. Der gesamte Abtransport wird sich über Wochen erstrecken. Einem Beschluß der Bundesregierung zufolge erhält die UdSSR Hilfsgüter im Wert von über 500 Millionen aus den Beständen von Berlin. Die »Bundesreserve Berlin« enthält Tausende Tonnen von Getreide, Fleischkonserven, Zucker, Fetten, Trocken- und Hülsenfrüchten, genug um eine Zweimillionenstadt ein halbes Jahr zu versorgen. Aufgelöst wird ebenfalls die Senatsreserve. Der größte Teil, vor allem medizinische Hilfsgüter, Toilettenartikel und Obst- und Gemüsekonserven wird ebenfalls in die Sowjetunion verschenkt, der Rest des 120-Millionen-Mark-Bestandes wird verkauft werden.

Die ganzen Reserven waren in Berlin auf über 250 höchst geheime Lagerstätten verteilt. Jetzt, sagt Jürgen Colell, Leiter des Büros von Wirtschaftssenator Mitzscherling, »stehen der Stadt äußerst günstige Lagerflächen zur Verfügung«. Erste Interessenten hätten bereits Interesse bekundet. Eine der größten Lagerstätten befindet sich im Berliner Westhafen. Klaus Dieter Zehba, bei den Berliner Hafen- und Lagerhausbetrieben für die Senatsreserve zuständig, führte kurz vor Beginn des Abtransports noch einmal wahre Heerscharen von Journalisten an den Konservenbüchsen vorbei und erzählte Dönikens. Alleine um das Toilettenpapier wegzuschaffen, benötigt man 370 Lastwagen. aku