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Vorweihnachtlicher Trip nach Japan

■ Morgen spielen in Tokio der AC Mailand und Olimpia Asuncion um den Fußball-Weltpokal

Berlin (taz) — An Selbstbewußtsein mangelt es Luis Cubilla (50) und seinen Spielern vom paraguayanischen Meister Olimpia Asuncion gewiß nicht. „Ich bin einer der besten Trainer der Welt“, verrät Cubilla, der in den sechziger und siebziger Jahren für Uruguay stürmte und drei Weltmeisterschaften bestritt, „die Mailänder sollten sich vorsehen.“

Mit seinem derzeitigen Club verbinden Cubilla lange und enge Bande. 1960, beim allerersten Finale um die „Copa Libertadores“, den südamerikanischen Fußballpokal, war er es, der im Trikot von Penarol Montevideo just gegen Olimpia Asuncion das Siegtor schoß. Als Olimpia dann 1979 das Kunststück fertigbrachte, nicht nur den Pokal Südamerikas, sondern auch den Weltpokal zu gewinnen — allerdings nicht gegen den damaligen Europacupsieger Nottingham Forest, der aus Angst vor den damals bei diesen Vergleichen üblichen Grobheiten verzichtete, sondern gegen den im Finale unterlegenen Malmö FF — hieß der Trainer der Paraguayaner: Luis Cubilla.

Danach verließ er den Klub, kehrte wieder zurück und hat nun die Chance, zum drittenmal die im Süden Amerikas hochangesehene Trophäe zu holen. Cubilla ist durchaus optimistisch und baut vor allem auf die größere Motivation seiner Spieler. „Für sie ist diese Partie eine ganze Karriere wert“, sagt er, und der 20jährige Abwehrspieler Luis Monzon bestätigt: „Dieser Cup ist nicht nur das große Ziel einer fußballverrückten Gesellschaft, sondern das eines ganzen Landes: Paraguay.“

Das „große Ziel“ hat allerdings durchaus auch eine pekuniäre Dimension. Ein japanischer Konzern hat 200.000 Dollar für den Sieg ausgesetzt, und jeder Spieler von Asuncion soll im Falle eines Triumphes 50.000 Mark erhalten — eine gigantische Prämie für südamerikanische Verhältnisse. Olimpia-Präsident Osvaldo Dominguez Dibb erinnert sich immer noch staunend an die Verhandlungen, die er mit Juventus Turin über den Transfer seines Spielers Gustavo Neffa führte, der schließlich in Cremona landete: „Sie sprachen über Millionen von Dollars, als handle es sich um Haselnüsse. Die Unterschiede zu unserem Fußball sind abgrundtief.“

Dies aber nur, was das Geld angeht, wenn man Luis Cubilla glauben darf. „Wir spielen ein wenig wie Milan“, erklärt er, „vielleicht nicht mit derselben Vehemenz, aber ganz gewiß mit mehr Technik.“ Star des Teams ist der brandgefährliche Stürmer Raul Amarilla, der einige Jahre beim FC Barcelona spielte, bevor er zu seinem Heimatverein zurückkehrte, und nach Ansicht des 42jährigen Torwarts Ever Almeida — der einzige Akteur, der schon 1979 dabei war — „keinen Grund hat, van Basten zu beneiden“. Beim diesjährigen Libertadores Cup erzielte Amarilla sechs Treffer, wurde allerdings von seinem Stürmerkollegen Adriano Samaniego noch übertroffen, der mit sieben Toren Top-Scorer wurde. Auch den dritten Platz belegte mit Luis Monzon (fünf Tore) ein Olimpia-Spieler, kein Wunder also, daß Cubilla glaubt, eine bessere Chance gegen die Mailänder zu haben als Nacional Medellin im letzten Jahr: „Wir sind dynamischer, stärker und torgefährlicher.“

Im diesjährigen Wettbewerb waren die Kolumbianer im Halbfinale an Asuncion gescheitert, das sich ganz auf den Südamerika Cup konzentrierte und die heimische Meisterschaft zum Teil mit der Reserve bestritt. Medellíns René Higuita hielt im entscheidenden Elfmeterschießen zwar drei Strafstöße, doch der aus Uruguay stammende Almeida tat es dem kolumbianischen Torwart- Libero nach, und seine Vorderleute schossen seltener vorbei. Im Finale gegen Barcelona Guayaquil aus Ecuador hatte es Olimpia Asuncion dann erheblich leichter, spielte auswärts 1:1 und gewann daheim mit 2:0.

Die europäischen Teams sind in der Regel wenig begeistert von dem vorweihnachtlichen Trip nach Japan, und vorsichtshalber hat Milan- Boß Silvio Berlusconi 140.000 Mark Siegprämie in Aussicht gestellt, sollte der AC als erstes Team den Weltpokal zum zweitenmal hintereinander holen. Im letzten Jahr hatten sich Milan und Medellín ein schauderhaftes Match geliefert, das der AC mit 1:0 nach Verlängerung gewann, für Sonntag versprach Marco van Basten Besserung. „Wir wollen ein Spektakel liefern“, kündigte er an und verwahrte sich gegen die Behauptung, daß der Weltpokal „eine minderwertige Trophäe“ sei: „Das sagen nur die, die es nicht geschafft haben, sich für Tokio zu qualifizieren.“ Matti

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