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StudentInnen in der Ex-DDR aufgewacht

Berlin (taz) — Reichlich spät sind die StudentInnen in der ehemaligen DDR jetzt kurz vor Toresschluß aufgewacht und wollen gegen die Schließungs- und Umstrukturierungspläne an ihren Hochschulen mobil machen. Am Donnerstag — so hat es am Wochenende ein landesweites Treffen der Studentenräte in Halle beschlossen — sollen an den verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen Aktionstage und Demonstrationen stattfinden. In Rostock wollten die StudentInnen schon gestern aus Protest gegen die befürchtete Schließung ihrer Uni auf die Straße gehen. Im thüringischen Illmenau haben die Studierenden der TH für heute einen Streik angekündigt.

Anlaß der Proteste ist das, was sich hinter dem bürokratischen Wort „Abwicklung“ der Hochschulen der Ex-DDR verbirgt. Laut Einigungsvertrag sollen die Regierungen der fünf neuen Bundesländer bis zum 31.12.90 entscheiden, welche Institutionen und Fakultäten an den Hochschulen sie in Zukunft übernehmen, sprich: finanzieren wollen. Bis zum Ende nächsten Jahres sollen die Kommissionen des Wissenschaftsrates darüber hinaus in einem sogenannten Evaluierungsprozeß die Leistungsfähigkeit der noch bestehenden Hochschulen einstufen. In der Praxis wird diese „Abwicklung“ vielerorts nichts anderes als die Schließung vieler wissenschaftlicher Einrichtungen und ganzer Hochschulen bedeuten.

In Jena z. B. sollen die MitarbeiterInnen der von „Abwicklung“ betroffenen Fakultäten — dazu zählen insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften — zum Jahresende entlassen werden. Im Januar sollen dann die „abgewickelten“ Fachbereiche neu gegründet werden, den Beschäftigten sollen dann befristete Arbeitsverträge angeboten werden. In Mecklenburg sollen nach Informationen der StudentInnen von den bestehenden sechs Hochschulen zwei aufgelöst und eine zur Fachhochschule „degradiert“ werden. In Thüringen wird es jeden Studiengang nur ein einziges Mal in dem Bundesland geben. In Berlin kocht seit Wochen die Gerüchteküche darüber, daß auch die renommierte Humboldt-Uni von Abwicklungsplänen betroffen sein wird.

Ihre Aktionen wollen die StudentInnen jetzt als „Warnschuß“ an die Politiker verstehen. „Es geht“, so Sven Vollrath, Sprecher des Studentenrates der Humboldt-Uni, „nicht um vorweihnachtliches Geplänkel, sondern um unsere Existenz.“ Daß die Ex-DDR-Universtiäten umkremplungsbedürftig sind und zum Teil zu personalintensiv arbeiten, sehen auch die Aktivisten des Studentenprotestes. Sie fordern aber, daß sie in die Schließungs- und Umstrukturierungspläne ihrer Hochschulen als Betroffene gleichberechtigt mit einbezogen werden und die ganzen Planungen nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Dazu müßten die strukturpolitischen Entscheidungen der Landesregierungen über die Zukunft der Universitäten erst einmal ausgesetzt werden, um über Kriterien zur Bewertung der Hochschulen zu diskutieren, die nicht allein vom Finanzrahmen der Länder diktiert werden dürften. Ve.

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