: Eingeschnappt
■ betr.: "Werbung ist keine Kunst" (Zur Ausstellung "Spurensicherung-40 Jahre Werbung in der DDR im Deutschen Werbemuseum in Frankfurt am Main) von Matthias Bröckers, taz vom 1.12.90
betr.: „Werbung ist keine Kunst“ (Zur Ausstellung „Spurensicherung — 40 Jahre Werbung in der DDR im Deutschen Werbemuseum in Frankfurt am Main) von Mathias Bröckers, taz vom 1.12.90
[...] An die allgemeine Absprache unter Euren Schreiberlingen, die PDS als die kollektivierten DDR- Kuschelbedürftigen zu belächeln, hat man sich gewöhnt. Ganz klar, daß die westbegrünte Linke mit solchen Leuten nichts zu tun haben will und sich dem rechtsrheinischen Groß-Ting verweigert. Es lebe der Individualismus! Das Bündnis90 hat eben noch nichts gelernt und tappte just in die parlamentarische Falle.
Doch ärgern tue ich mich viel mehr über diese tolerante Überheblichkeit, die viel offizieller einherstolziert kommt. Zum Beispiel Mathias Bröckers Artikel. „Es geht nicht darum, die DDR-Werbung lächerlich zu machen.“ Das sie es zum größten Teil war (selbst Zonis empfanden das so!), paßt nicht ins verständnisvolle Großer-Onkel-Schema.
Mathias Bröckers geht analytischer vor. Er kann nämlich aus der DDR-Werbung die „Ansprüche“ und so weiter „sowie die Mentalität ihrer Bürger herauslesen.“ Das wird dann auch illustriert mit den Zigarillos, Marke „Sprachlos“. In diesem Zusammenhang möchte ich den Assoziationskomplex der sich mir bei dem anderen Bildchen (Hühnerfleiß, Eierlegen, AA, BB, CC) aufdrängt, nicht weiter auswalzen.
Aber man ist ja tolerant, jeder soll seine Gedanken kundtun, doch verlange ich mindestens ein Maß an journalistischer Genauigkeit. Bröckers bedient aber lieber ein Klischee: „Nach dem Bau der Mauer wurde Werbung für Konsumartikel im Fernsehen verboten.“ (Werbung für die NVA natürlich nicht.) Nun kann ich (Jahrgang 1966) mich noch ganz gut an das sommersprossige Mädchen erinnern, daß sich den Perlodont-Schaum vom Munde wischt — und erst die kernigen Musiken zu „Baden mit Bachusan“ und „AKA- electric in jedem Haus zu Hause.“
[...] Mag sein, ich reagiere unangemessen und hypersensibel. Doch zeigen solche Nebensächlichkeiten, wie es steht mit der gegenseitigen Akzeptanz deutsch-deutscher Werte und Erfahrungen; oder wie man aus populistischen Gründen in eine Sprache verfallen kann, die eher in eine von Deutschlands Seh-Zeitungen gehört. Olaf Jelinski, Rostock
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