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Staatsschutz horcht Palästinenser aus

■ Palästinenser und andere arabische Bürger werden vom Staatsschutz zu »Gesprächen eingeladen«/ Bis zur Vereinigung hatten auch die Alliierten reges Interesse an Flüchtlingen aus Krisengebieten

Berlin. Der polizeiliche Staatsschutz versucht, in Berlin lebende Palästinenser und andere arabische Staatsbürger gezielt auszuhorchen, um herauszufinden, ob bei einem Einmarsch der US-Truppen in das vom Irak besetzte Kuwait Anschläge geplant sind. Das bestätigte der Staatsschutz gestern auf Nachfrage der taz. Man bestand jedoch darauf, daß es sich hier weder um ein Aushorchen noch um eine Vernehmung handele: »Wir sprechen mit den Leuten«, erklärte der Staatsschutzbeamte Preibsch. Nach Informationen der taz haben bislang mindestens ein Dutzend in der Stadt lebende palästinensische und arabische Frauen und Männer ein Schreiben des Staatsschutzes erhalten. Der Text ist freundlich gehalten und individuell auf den Empfänger abgestimmt, der zum Beispiel als guter Kenner der Situation der Araber in Berlin bezeichnet wird. In dem Schreiben wird die Sorge geäußert, daß die angespannte Lage am Golf als Motiv für Straftaten in Europa dienen könne und der Adressat mit einem »ich würde mich freuen, in dieser Angelegenheit mit Ihnen ein persönliches Gespräch führen zu können« zu einem konkreten Termin ins Polizeipräsidium gebeten werden könne.

Wie die taz von Betroffenen erfuhr, laufen die Gespräche wie folgt ab: Zuerst werde nach dem aufenthaltsrechtlichen Status gefragt, dann nach der persönlichen Meinung über das Geschehen am Golf und was die Araber in Berlin dazu sagten. Außerdem wird der Betreffende belehrt, daß die Nichtanzeige einer geplanten Straftat nach Paragraph 138 Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden könne.

Nach Angaben von Preibsch wurden nur »Staatsangehörige verschiedener arabischer Nationen« angeschrieben. Die Auswahl sei aufgrund von »Erkenntnissen« der deutschen Sicherheitsbehörden erfolgt. Daß die Betreffenden in Gesprächen unter Druck gesetzt würden, wies er zurück. Wer geplante Straftaten verschweige, müsse damit rechnen, daß dies Folgen für den aufenthaltsrechtlichen Status habe.

So neu ist das Interesse von Behörden an PalästinenserInnen und anderen AraberInnen nicht. Bis vor kurzem waren einzelne Flüchtlinge aufgrund einer alliierten Anordnung zu einer »Alliierten Sichtungsstelle für Asyl- und Aufenthaltsbewerber« bestellt worden. Dem Vorladungsformular zufolge handelte es sich lediglich darum, den Betroffenen einen Sichtvermerk der »Alliierten Schutzmächte« auszustellen. Statt dessen wurden sie von Angehörigen der Alliierten gezielt über die Situation in ihren Heimatländern ausgefragt. Begehrt waren in der letzten Zeit Auskünfte über die Situation im Libanon, vor allem Details über Strukturen und Organisationformen in den dortigen Flüchtlingslagern. Die Befragungen, so die Pressesprecherin der Innenverwaltung, Grobecker, hätten keinerlei Einfluß auf das Asylverfahren oder den aufenthaltsrechtlichen Status der Betroffenen gehabt. Zweifellos sorgten »Vorladungen« durch die Alliierten für enorme Verunsicherung gerade unter Flüchtlingen aus dem Libanon. Kontakte zu amerikanischen Behörden setzen angesichts der politischen Kräfteverhältnisse im Nahen Osten jeden dem Verdacht der »Kollaboration« aus.

Der Innensenator erklärte sich auf Anfrage der AL im Mai dieses Jahres für diese alliierte Praxis nicht zuständig. Seit dem 3. Oktober sind auch die Alliierten nicht mehr zuständig — die Sichtungsstelle wurde nach Angaben der Innenverwaltung geschlossen. plu/anb

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