: SAMSTAG W E I H N A C H T S P L Ä T Z C H E N SC H I P S&T I P SVon Harald Keller
STA(R)TISTEN
Gerhard Schmitt-Thiel berichtet von den Proben und den Vorbereitungen zu der Benefiz-Sendung Stars in der Manege, die am zweiten Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird. Als prominente Tierbändiger und Akrobaten zeigen in diesem Jahr unter anderen Iris Berben, Viktor Laszlo, Hella von Sinnen, Andreas Lukoschik, Falco und Konstantin Wecker ihre Kunst- und Kabinettstückchen. Letzterer wurde ja bekanntlich in der Manege vom Schwein gebissen, was hoffentlich in dieser Sendung auch zu sehen sein wird.
(ARD, 14.45 Uhr)
RICHARD BURTON:
IN FROM THE COLD?
Geboren wurde er in einem Ort mit dem unaussprechlichen Namen Pontrhdyfen als Richard Walter Jenkins. Burton nannte sich der als zwölftes Kind einer Bergmannsfamilie geborene Schauspieler nach dem Lehrer, der ihn gefördert und ihm zu einem Stipendium für ein Studium in Oxford verholfen hatte. Bereits mit achtzehn Jahren debütierte Richard Burton auf der Bühne und brachte es nach Beendigung seiner Militärzeit binnen kurzem zu Starruhm. Schon 1948 spielte er auch in Filmen und bekam drei Jahre später das Angebot, nach Hollywood zu kommen, wo er zunächst vorwiegend in Kostümfilmen eingesetzt und zum hochdotierten Hauptdarsteller wurde. Der rasche künstlerische und kommerzielle Erfolg war die eine Seite der Medaille, private Probleme, Alkoholismus und Krankheit die andere. Tony Palmer, ein hervorragender Dokumentarist, schuf 1988 einen abendfüllenden Film, in dem er sich eingehend und ohne Sensationshascherei mit dem Leben des 1984 verstorbenen Mimen beschäftigt, der im vergangenen Jahr 65 Jahre alt geworden wäre.
(Nord 3, 22.00 Uhr)
CHICAGO — ENGEL MIT SCHMUTZIGEN GESICHTERN
Zwei Jungen wachsen im Slum auf, leben vorwiegend auf der Straße und begehen kleinere Verbrechen. Eines Tages trennen sich ihre Wege: Jerry Connolly (Pat O'Brien), der flinkere von beiden, entkommt den Verfolgern, während Rocky Sullivan (James Cagney) gefaßt und in eine Erziehungsanstalt eingewiesen wird, womit seine Verbrecherkarriere besiegelt ist. Er hat bereits einige Gefängnisstrafen abgesessen, als er seinen Jugendfreund Jerry wiedertrifft. Der ist inzwischen Priester geworden und kümmert sich besonders um die Jugendgangs aus den Slums. Er möchte auch Rocky zurück auf den Pfad der Tugend lenken, doch der lehnt dankend ab. Inszeniert hat das Gangsterdrama mit Sozialarbeiter-Touch Casablanca-Regisseur Michael Curtiz. Humphrey Bogart spielt auch mit, muß aber als gewissenloser Gangster vorzeitig ins Gras beißen.
(ZDF, 23.25 Uhr)
WHITE ZOMBIE
Ein Horrorfilm aus der guten alten Zeit, gesendet nächtens zur Gespensterstunde, das ist die Erfüllung für jedes Weihnachtsplätzchen, insbesondere wenn es sich um einen Klassiker handelt wie diesen hier. Carl Laemmle von den Universal Studios hatte es einige Monate zuvor noch für nötig befunden, das Publikum seines Horrorfilms Frankenstein vor den schockierenden und grauenerregenden Szenen zu warnen. Die unabhängigen Filmproduzenten Sol, Edward und Victor Halperin gingen da unbeschwerter zu Werke. In aus heutiger Sicht harmloser, für das Entstehungsjahr 1932 aber recht drastischer Manier erzählten sie die gar schröckliche Geschichte eines haiitianischen Magiers, der Männer in Zombies verwandelt und sie als billige Arbeitskräfte vermietet. Auch eine schöne Frau versucht er sich mit Hilfe der Voodoo-Technik gefügig zu machen, aber deren Ehemann in spe und ein versierter Zombie-Jäger namens Dr. Bruner haben etwas dagegen...(Tele 5, 2.00 Uhr)
FAUST AUF FAUST...
... heißt es heute auf 3sat, wo das gesamte Tagesprogramm dem Dr. Johannes Faustus gewidmet ist. Faust im Puppenspiel, als Oper, als Diskussionsthema und als Filmversion von René Clair aus dem Jahr 1949 mit Michel Simon in der Hauptrolle. Die Philologen lachen sich ins Fäustchen und lassen sich von ihren Kids die Fernbedienung erklären...
(3sat, ab 16 Uhr)
ZEHN — DIE TRAUMFRAU
Mit der Traumfrau ist Jenny alias Bo Derek gemeint, aber die wurde vom deutschen Verleihtitel zu Unrecht herausgestellt, denn Hauptfigur des Films ist George, gespielt von Dudley Moore, ein Wehleider, der alles hat, aber trotzdem nicht zufrieden ist und verzweifelt seiner Traumfrau nachjagt. Die schönsten Filme von Autor und Regisseur Blake Edwards sind jene, in denen er sich treffsicher über seine Geschlechtsgenossen lustig macht, und das tut er in dieser „Komödie eines lächerlichen Mannes“ mit Witz und Verve sowie einem leichten Anflug von Melancholie. Komplett amerikanisch, sehr viel Hollywood und doch irgendwie schön. Meine Alternative für den mißglückten deutschen Titel lautet übrigens „Zehn oder Die Kunst, auf eine Traumfrau zu warten“.
(West 3, 22.50 Uhr)
TIME BANDITS
Die Abkehr vom satirischen Unfug zeichnete sich schon ab, als die Monty-Python-Mitbegründer Terry Gilliam und Michael Palin 1981 diesen phantastischen Zeitreise-Comic verfaßten. Gilliam verfolgte bekanntlich den eingeschlagenen Weg konsequent weiter mit Fantasy-Filmen wie Brazil oderDie Abenteuer des Baron Münchhausen. Hier aber dominieren noch Nonsense und parodistische Elemente, vortrefflich umgesetzt von Schauspielern wie John Cleese (Robin Hood), Sean Connery (Agamemnon), Shelley Duvall, Ian Holm (Napoleon) oder Ralph Richardson.
(Bayern 3, 22.55 Uhr)
ABENTEUER
IM SPIELZEUGLAND
Der Originaltitel des Films, Babe in Toyland, ist schon sprichwörtlich geworden, was aber nicht dieser bereits zweiten Neuverfilmung, sondern dem Original aus dem Jahre 1934 zuzuschreiben ist, einer Komödie mit Oliver Hardy und Stan Laurel. In der '86er Version des Stoffes spielen Drew Barrymore, Pat Morita und der unvergleichliche Richard Mulligan.
(ARD, 12.45 Uhr)
CASABLANCA
„Schau mir in die Plätzchen, Kleines...“ Als der heutige Kultfilm anno 1952, zehn Jahre nach seiner Erstaufführung, in die hiesigen Kinos kam, gab es keine Nazis in diesem Emigrantendrama — der deutsche Verleiher hatte beherzt zur Schere gegriffen und alles ausgemerzt, was auf den wahren Grund für Victor Laszlos Flucht hingewiesen hätte. Die Geschichte vergleichbarer Eingriffe ist lang und wäre einmal eine genauere Untersuchung wert.
(ZDF, 23.20 Uhr)
DER ENGEL, DER
SEINE HARFE VERSETZTE
1958 begab sich Nachkriegsdeutschlands bester Komödienregisseur Kurt Hoffmann auf die Spuren Frank Capras und inszenierte ein optimistisch-philanthropisches Märchen, angesiedelt an der norddeutschen Küste. Ein engelgleiches Mädchen kommt in eine Pfandleihe, versetzt seine Harfe und fortan wendet sich mancherlei zum Guten. So viel Eskapismus darf man sich am 24. Dezember ausnahmsweise einmal gönnen.(ARD, 0.00 Uhr)
E.T. — DER AUSSERIRDISCHE
Zum Fest packt RTL ein filmisches Baiser auf den Gabenteller, vor dem zumindest Diabetiker sich in acht nehmen sollten. Steven Spielbergs Exoterristenmärchen wurde oft kopiert, doch nie erreicht, denn ein gewisses inszenatorisches Geschick und vor allem technische Perfektion kann man dem Traumfabrikanten nicht absprechen. So kam es denn, daß selbst abgebrühte Kritiker mit feuchtem Schimmer in den Augen aus den Vorstellungen wankten, gefühlsdurchwallt und milde gestimmt; und es stimmt ja auch: Wer von diesem Film nicht gerührt oder sogar geschüttelt wird, muß im Kalksandsteinwerk zur Welt gekommen sein.(RTL plus, 19.05 Uhr)
EXPLOSION
DES SCHWEIGENS
Nach all der Weihnachtsidylle und Familienharmonie sorgen die Schatzgräber von der Filmredaktion des WDR für einen ausgeglichenen Gefühlshaushalt. Zwar spielt dieser düstere Gangsterthriller auch zur Weihnachtszeit, aber einem Berufskiller leuchten keine Zimtsterne, ihm bleiben Wachsflecken, Tannennadelspray und Ärger mit unnützen Geschenken versagt. Der Film aus dem Jahr 1960 ist ganz und gar das Produkt Allen Barons, der das Skript verfaßte, Regie führte und die Hauptrolle spielt — ein lupenreiner Autorenfilm also, und zwar einer erster Güte.(West 3, 21.35 Uhr)
ZWEI WIE KATZ' UND MAUS
Fragt sich nur, wer die Katz' und wer die Maus ist! Wieder einmal muß man den Originaltitel vermelden, um voreingenommene Beurteilung zu vermeiden. Continental Divide hieß der Film drüben in Amerika, Lawrence Kasdan hat ihn geschrieben, und er wurde von Michael Apted inszeniert. Hauptdarsteller John Belushi zeigte in seinem vorletzten Film, daß er mehr konnte als wild outrierend der Grimassenschneiderei zu frönen. Gemessen an seinen Hits wie Blues Brothers oder Animal House ist Continental Divide relativ verhalten und weniger klamottig als der deutsche Verleihtitel suggerieren will. Belushi spielt einen Reporter, der sich mit politischen Artikeln unbeliebt gemacht hat und in die Berge geschickt wird — um eine in der Einsamkeit der Rocky Mountains lebende Ornithologin zu porträtieren. Die beiden Individuen beinahe gegensätzlichen Charakters zanken sich, werden Freunde und heiraten schließlich — ein ganz astreines Happy-End indes wird es nicht geben...(1plus, 23.35 Uhr)
BATMAN HÄLT
DIE WELT IN ATEM
Keine Frage, dieser Film aus dem Jahre 1966 ist der einzig wahre Batman-Film. Die Helden aus der Fernsehserie wie auch die wichtigsten Bösewichter — das Katzenweib, der Pinguin und der Joker — sind dabei und fechten einen besonders verbissenen Kampf gegeneinander aus, wie stets absolut unblutig und gänzlich ohne Tote. Was die 'Prawda‘ damals nicht davon abhielt, die bonbonbunte Fernsehserie wie folgt zu analysieren: „Batman unterzog die jungen Amerikaner einer Gehirnwäsche, um sie zu willigen Mördern für den vietnamesischen Dschungel zu erziehen.“ Dieses Verdikt soll uns Kriegsdienstverweigerern eine Warnung sein...(SAT.1, 17.05 Uhr)
RAMBO
Eines der von Batman verzogenen Kinder muß dieser John Rambo gewesen sein. Allerdings wurde der Vietnam-Veteran erst im zweiten der bislang dreiteiligen Rambo-Serie zu der Kampfmaschine umgepolt, die seinen Namen schl(a)echterdings zum Inbegriff des Revanchisten werden ließ. In First Blood, Rambos erstem Auftritt auf der Leinwand, sah die Prämisse noch ganz anders aus: Der Vietnam-Heimkehrer John Rambo kommt in eine Kleinstadt, wird von der Polizei aufgegriffen, mißhandelt und unschuldig eingelocht. Ein Leben hinter Gittern ist nichts für den alten Dschungelkämpfer, er bricht aus und flieht vor den Männern des sadistischen Sheriffs (gespielt von Brian Dennehy), die ihm mit gewaltigem Aufwand an Menschen und Material wie ein Tier durch die Wälder hetzen. Das Gerüst der Handlung zeigt rudimentäre Übereinstimmung mit Kleists Michael Kohlhaas, die Autoren verschenken jedoch jeden kritischen Ansatz zugunsten ebenso unglaubwürdiger wie spektakulärer Aktion. Die Handlung wird vollends lächerlich, wenn der geknechtete Einzelkämpfer am Ende eine jammervolle Rede hält und das erlittene Unrecht anprangert. Am 1.Januar zeigt RTL Rambo II — Der Auftrag, im Februar folgt Stallones großer Lacherfolg Rambo III.
(RTLplus, 22.00 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen