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Kein Tuntenwitz-betr.: "Hit des Tages", taz vom 11.12./20.12.90

betr.: »Hit des Tages«, taz vom 11.12./20.12.90

Der in der taz vom 19.12.90 veröffentlichte Leserbrief (»Herzlichen Glückwunsch, taz-Männer«) zu diesem Thema, fanden wir, hatte sehr deutlich gemacht, auf welch verletzendem Niveau Ihr Euch bewegt. Offensichtlich haben die dort dargestellten Überlegungen nicht zu einer Änderung Eurer Einstellung geführt, im Gegenteil, es schien notwendig zu sein, »noch eins draufzusetzen«. Nachdem nun »zornige Anrufe und Briefe« von Euch offensichtlich als Ausdruck einer gewissen Humorlosigkeit der LeserInnen ausgelegt werden, möchten wir es bei einer Richtigstellung bewenden lassen: Im Hit des Tages von »unlängst« handelt es sich eben nicht um einen Tuntenwitz, sondern um einen zudem schlecht getarnten Ausdruck von Frauenfeindlichkeit. Nach jahrelanger Arbeit mit vergewaltigten Frauen blieb sicherlich nicht nur uns das Lachen im Halse stecken. Aus guten Gründen verbitten wir uns jeden Witz über Gewalt gegen Frauen und sind überzeugt, daß — anstelle einer Veröffentlichung in der taz — die 'BZ‘ eine Prämie ausgezahlt hätte für diesen »guten Humor«.

Hinzu kommt, daß — wie wir meinen zu Recht — die einzig guten »Tuntenwitze« von ihnen selbst und für von ihnen ausgesuchte Menschen erzählt werden. Es ist eben im Umgang mit diskriminierten Menschen nicht möglich, die leidvollen Erfahrungen von Schwulen auszublenden und gleichzeitig über sie herzuziehen.

Wir schlagen Euch deshalb vor, zunächst auch in Eurer Zeitung zu versuchen, der Diskriminierung entgegenzuwirken. Es wäre wunderbar, wenn die Zeiten für solche Witze schon gekommen wären, und es wäre direkt unaushaltbar toll, wenn Ihr die Zeichen unserer Zeit erkennen und Euch für diesen Vorgriff auf kommende Zeiten entschuldigen würdet. Notruf für vergewaltigte, bedrohte und belästigte Frauen, i.A. Lisa Kattelans

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