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Banale Siegerpropaganda-betr.: "Abwicklung", taz vom 20.12.90

betr.: „Abwicklung“ (Die Hochschulen der ehemaligen DDR haben ihre Chance für einen Neuanfang verspielt) von Götz Aly,

taz vom 20.12.90

Selber schuld! Das ist die schlichte Logik des absolut ärgerlichen Kommentars Götz Alys zur „Abwicklung“ der Ex-DDR-Hochschullandschaft. Seine Quintessenz: Wer so stalinistisch und mittelmäßig war, hat einfach verdient, von Riesenhuber, Möllemann, Riedmüller, dem Wissenschaftsrat und so fort, tranchiert zu werden.

Es wird gar nicht erst versucht, die Problematik einer notwendigen (Selbst!-)Erneuerung der DDR- Wissenschaften und die Anschlußpraxis der „westlichen“ wissenschaftspolitischen Elite auseinanderzuhalten und getrennt zu bewerten. Das eine erscheint als zwingende Folge des anderen. Götz Aly hält es für ausgemachte Sache, daß „jetzt ein Teil der Institute aufgelöst und neugegründet werden muß...“ (Hervorhebung von mir). Welches Naturgesetz waltet hier? Wer bestimmt dies? Nach welchen Kriterien? Welcher Begriff von Wissenschaft, welche Wissenschaftsbedarfsfeststellung liegt dem zugrunde? Welches Maß bestimmt das Mittelmaß?

Oder geht es vielleicht gar nicht um Wissenschaft, um den gesellschaftlichen Wissenschaftsbedarf der Neuländer, sondern nur um „Paßförmigkeit“ mit den BRD- Strukturen, um wissenschaftsexterne ökonomisch-administrative Machtlogik, mit der etwa Riesenhuber der gesamten überlieferten DDR-Wissenschaftskultur ein „Fitneßprogramm“ für den EG-Binnenmarkt verordnet? Das dürfte wohl der Wahrheit näher kommen. An der Prämisse des Kommentars, die Hochschulen hätten ein Jahr Zeit gehabt, sich zu reformieren und „ihre Chance verspielt“, stimmt so gut wie nichts. Als seien die DDR-Hochschulen ein Jahr lang ein autonomes Laboratorium für Reformen gewesen! Allerdings: noch zu Jahresanfang gab es an den meisten solche Jugendtorheiten wie „runde Tische“, die viertelparitätische Grundordnungen ausarbeiteten, Vollversammlungen und basisdemokratische Wahlen von Institutsleitungen. Spätestens seit Jahresmitte jedoch wird über sie mit Außerkraftsetzungen, Erlassen, Verordnungen, Kündigungswellen und Finanzsperren (plus permanente Gerüchte und Drohungen) „regiert“. Welche Chance!

Und die zynische Pointe: Die Akteure der Ansätze basisdemokratischer Selbsterneuerung etwa in den sozialwissenschaftlichen Bereichen werden ebenso wie die vor der Wende politisch benachteiligten und erst jetzt dort eingestellten NachwuchswissenschaftlerInnen (um die auch Aly sich sorgt) in relevanter Zahl „mitabgewickelt“. Nicht nur, daß dies alles unerwähnt bleibt, sondern darüber hinaus die Betroffenen, konkret: alle Menschen an östlichen Hochschulen (Aly: „die Hochschulen“), über den Leisten karriere- und verbeamtungsgeiler, in „Krähensolidarität Zuflucht“ suchender Figuren geschlagen werden, macht den Kommentar zum Ärgernis und zur banalen Siegerpropaganda. Dafür gibt es andere Zeitungen. Torsten Bultmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BdWi,Bonn

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