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Britische Soldaten des Mordes an Sinn-Fein-Mitglied beschuldigt

Dublin (taz) — In seiner ersten öffentlichen Rede seit seiner Amtsübernahme Ende vergangenen Jahres hat der irische Primat, Erzbischof Cahal Daly, am Dienstag eine unabhängige Untersuchung der Erschießung des 20jährigen Nordiren Fergal Caraher gefordert. Der selbst in Kirchenkreisen als konservativ geltende Daly sagte, sehr viele „verantwortungsbewußte Bürger“ seien von der Darstellung der Ereignisse durch die Armee „nicht die Spur überzeugt“.

Fergal Caraher war am Sonntag bei einer Straßenkontrolle nahe der inneririschen Grenze von britischen Soldaten erschossen worden. Sein Bruder Michael (23) überlebte mit schweren Verletzungen. In einer Presseerklärung behauptete ein Armeesprecher, die Brüder hätten mit ihrem Auto den Kontrollpunkt durchbrochen und dabei zwei Soldaten verletzt. Dieser Version widersprachen jedoch sämtliche Augenzeugen. Sie gaben an, daß zwei Soldaten die Carahers durch Handzeichen zur Weiterfahrt aufgefordert hätten. Als der Wagen den Kontrollpunkt passiert hatte, eröffneten die Soldaten ohne ersichtlichen Grund das Feuer. Die beiden Insassen wurden von mindestens zwölf Kugeln getroffen.

Fergal Caraher war Mitglied von Sinn Fein („Wir selbst“), dem legalen politischen Flügel der Irisch- Republikanischen Armee (IRA). Caraher war das zehnte Opfer der „Sicherheitskräfte“ im vergangenen Jahr in Nordirland. Die Aussichten auf eine unabhängige Untersuchung sind jedoch gering. Seit Ausbruch des Konflikts vor 21 Jahren sind 270 Menschen von Polizei und britischer Armee getötet worden. Nur in wenigen Fällen wurden Untersuchungen eingeleitet. Lediglich ein Soldat wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er kam jedoch nach 26 Monaten frei und versieht inzwischen wieder seinen Dienst als Rekrutenausbilder in England. Ralf Sotscheck

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