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Boeden schlägt neue Aufgaben für Verfassungsschutz vor

Köln (ap) — Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln, Gerhard Boeden, hat vorschlagen, die Aufklärungsarbeit dieses Nachrichtendienstes auf „Lieferungen sensitiver Stoffe und Anlagen in Krisengebiete“ und auf den Aufbau „mafioser Strukturen“ im Bereich der organisierten Kriminalität auszudehnen.

Dies schreibt Boeden in einem gestern veröffentlichten Beitrag zum Thema „40 Jahre Verfassungsschutz“. Fälle illegaler Lieferungen in Krisengebiete könnten nach seiner Ansicht lückenlos im Inland aufgeklärt werden, wenn zum Beispiel durch die Auslandsaufklärung des Bundesnachrichtendienstes ein Anfangsverdacht entstanden ist.

Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität soll der Verfassungsschutz nach dem Vorschlag seines Präsidenten die systematische Vorfeldarbeit übernehmen. Die Übertragung dieser Aufgaben auf die Polizei wäre „rechtspolitisch nicht unproblematisch“, schreibt Boeden. Bisher könne die Polizei erst einschreiten, wenn von einer konkreten Gefahr ausgegangen wird. Boeden: „Bei Entstehen krimineller Strukturen ist diese regelmäßig noch nicht gegeben.“ Beim Verfassungsschutz bestünde der Konflikt mit dem Trennungsgebot nicht, weil die Aufklärungsarbeit im Vorfeld strafbarer Handlungen schon jetzt dessen Domäne sei.

Der Rechtsextremismus in der Bundesrepublik habe mit der Entwicklung zur deutschen Einheit einen enormen zusätzlichen Motivationsschub erhalten, schreibt Boeden weiter. Rechtsextremistische Gruppierungen knüpften zunehmend Kontakte nach Ostdeutschland und stießen dort auf Resonanz. Ebenfalls steigend sei die Tendenz im Ausländerextremismus. Künftig sei noch eine Verschärfung der Sicherheitslage zu befürchten. Boeden: „Auch beim größten Gefahrenherd des Extremismus, dem linksextremistischen Terrorismus, ist ein Abflauen nicht in Sicht.“ In den Umwälzungen in der früheren DDR und den osteuropäischen Staaten sähen die RAF und ihr Umfeld einen Sieg des ihnen verhaßten Kapitalismus über den Sozialismus, der bei ihnen Wut und Zorn ausgelöst habe.

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