: „Stadion soll keine Festung werden“
■ Bremer Fan-Projekt will Stehplätze in der Ostkurve des Weser-Stadions erhalten
Die Zeit drängt für das Bremer Fan-Projekt. Denn der Umbau der Ostkurve des Weser-Stadions steht bevor. Durch die Umwandlung der Steh-in Sitzplätze würden die eingefleischten Werder-Fans verdrängt werden. „Wir wollen nach Möglichkeiten suchen, für die Ostkurve einen angemessenen Stehplatzbereich zu erhalten“, heißt es in der Einladung zum ersten Treffen des Projekts „Ostkurve“.
Der Bauentwurf des Hochbauamtes ist bereits fertig und Sportsenator Volker Kröning will, daß Abriß und Neubau der Fan-Kurve bereits Ende 1991 beginnen.
Der vor einem Jahr vom Senat beschlossene Umbau geht auf Regelungen des europäischen und des Weltfußballverbandes zurück (UEFA und FIFA). Um Krawalle einzudämmen, schreibt die UEFA die jährliche Reduzierung der Stehplätze um zehn Prozent vor. Die FIFA hat gar beschlossen, daß internationale Fußballspiele nur noch in Stadien stattfinden dürfen, die keine Stehplätze haben. Um dem wirtschaftlichen Verlust vorzubeugen, will die stadteigene Betreibergesellschaft des Weserstadions deshalb die 9.700 Stehplätze in der Ostkurve in Sitzplätze umwandeln.
Das Fan-Projekt lehnt die komplette Umwandlung der Kurve in Sitzplätze ab, weil ZuschauerInnen mit geringem Einkommen die höheren Preise nicht bezahlen können. „Außerdem geht dadurch die Stehplatzkultur kaputt“, so Thomas Hafke vom Fan- Projekt. Durch die feste Sitzordnung werde die „Möglichkeit des aufeinander Zugehens, sich voneinander Abgrenzens und miteinander Lernens“ zerstört. Der Kompromißvorschlag des Fan-Projekts sieht so aus: Für die eingefleischten Werder- Fans und ihre Clubs sollen 2.000 bis 2.500 Stehplätze in der Ostkurve erhalten bleiben.
Auch Werder Bremens Präsident Franz Böhmert ist mit den Beschlüssen der internationalen Fußballverbände „nicht glücklich“. „Es wäre besser, wenn die Stehplätze blieben“, so Böhmert, „ohne Stehplätze ist die ganze Ostkurve tot“. Er schlägt vor, die Fan-Kurve so auszubauen, daß extra für internationale Spiele jeweils kurzfristig Sitzplätze eingebaut werden. Für Bundesligaspiele sollen dann weiterhin Stehplätze zur Verfügung stehen.
Kröning will sich zu dem vorliegenden Bauentwurf des Hochbauamtes noch nicht äußern. Er legt sich lediglich darauf fest, „daß eine vertretbare Zahl von Stehplätzen erhalten oder aber die Sitzplätze zu akzeptablen Preisen angeboten werden sollen“.
Dem Projekt Ostkurve — der Sportsenator und Werder Bremen haben ihre Teilnahme zugesagt — steht daneben noch weiterer Konflikt bevor. Wenn es weiterhin Stehplätze in der Ostkurve geben sollte, könnten sich die Fans in Zukunft in sogenannten „Affenkäfigen“ wiederfinden. In Hannover, Stuttgart und anderen Bundesliga-Stadien trennen die nach allen Seiten geschlossenen Drahtverhaue bereits einzelne Blöcke auf den Zuschauerrängen voneinander ab. Das Fan-Projekt lehnt einen derartigen Umbau zur „Festung“ ab. „Zuschauer werden eingezäunt, segmentiert, kontrolliert. Hierzu gilt es, Alternativen zu entwickeln“. Damit will das Fan- Projekt zusammen mit ArchitektInnen und StadtplanerInnen im Projekt Ostkurve beginnen.
Im Augenblick allerdings ist die Arbeit des Fan- Projekts dadurch erschwert, daß das Sportamt die Büroräume wegen Eigenbedarfs gekündigt hat. Neue Räume sind noch nicht vorhanden, die Finanzierung durch die Stadt unklar und die Schreibtische lagern in einem Container hinter dem Sportamt. och
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