: Kein Palästinenserstaat ohne Israel
■ Zu Arafats verbalem Schulterschluß mit Saddam Hussein
Die Äußerungen von Yassir Arafat, die PLO werde im Kriegsfall auf Seiten des Irak stehen und anschließend gemeinsam mit Saddam Hussein gegen Jerusalem marschieren, kommen nicht überraschend, sind aber deutlich. Man mag auch in diesem Falle auf die Regel für derartige Auftritte auf der politischen Bühne verweisen, nach der nicht nur zählt, was jemand sagt, sondern auch, wo er es sagt: in jenem Irak nämlich, der sich heute als alleiniger Verfechter einer Lösung der Palästina-Frage geriert.
Doch jenseits solch taktischer Erwägungen, sich in die irakische Propaganda-Maschinerie einzuklinken, und öffentlich den unsinnigen Anschein zu erwecken, mit Hilfe der Truppen des Diktators eines Tages wieder in Jerusalem beten zu können, hätte der PLO-Chef gut daran getan, in seiner Rede zum Fatah-Tag das in den Mittelpunkt zu stellen, worum es seiner Organisation eigentlich gehen müsste: nämlich, wie auch im Palästina-Israel- Konflikt, eine friedlichen Lösung anzustreben.
Der verbale Schulterschluß Arafats mit Saddam Hussein verweist darauf, wie dramatisch sich die Lage der Palästinenser mit der Golfkrise in den besetzten Gebieten verschlechtert hat. Wenn die Initifada nach drei Jahren selbst ihr Gesicht verändert hat, dann ist dies letzendlich den gleichen Ursachen geschuldet, wie die befremdlich wirkende Unterstützung für Saddam Hussein in den besetzen Gebieten. Nicht nur hat der Aufstand kein Entgegenkommen der anderen Seite bewirkt, auch die diplomatischen Offensiven der PLO-Führung verliefen letzendlich im Sande. In dieser Situation erscheint Saddam Hussein als der arabische Führer, der ihr Anliegen am nachdrücklichsten thematisiert.
Sind die Palästinenser bereits jetzt die großen Verlierer der Golfkrise, so gilt dies erst recht im Falle eines Krieges. Demgegenüber liegt ein starker Irak als Rückendeckung für eine spätere Verhandlungsrunde im Interesse der PLO — daher auch ihr Eintreten für eine arabische Lösung. Im Falle eines irakischen Angriffs und einem folgenden Eingreifen Israels in den Krieg werden die Konsequenzen fatal sein. Denn dann können schnell sämtliche Grenzen in der Region zur Disposition stehen, namentlich die jordanische.
Vor diesem Hintergrund sollte gerade die PLO die Drohungen Saddams gegen Israel zum Anlaß nehmen, ihre bisherige enge Allianz mit dem Irak gründlich und grundsätzlich zu überdenken. Wenn es zu einem neuen Nahost-Krieg kommt, sind sämtliche Träume, einen unabhängigen Palästinenserstaat an der Seite Israels zu errichten, ausgeträumt. Daher ist es auch besonders fatal für die Saddam- Sympathisanten in den besetzten Gebieten, daß der Dialog mit israelischen Friedenskreisen so gut wie abgebrochen ist. Im Grunde wäre gerade jetzt, angesichts der irakischen Drohungen — so illusorisch es letzendlich auch sein mag — der Moment gekommen, solche Ansätze einer Zusammenarbeit zu festigen und auszuweiten. Denn: Ein Palästinenserstaat, der nicht Jordanien heißt, kann nur mit Israel erreichtet werden. Beate Seel
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