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Sicherheitsverwahrung für GI-Ehefrau

US-Sergeant weigerte sich, mit seiner Einheit nach Saudi-Arabien zu fliegen/ Ehefrau benötigt ständige Betreuung/ GI droht ein gewaltsamer Transport in die Golfregion/ Kein Einzelfall  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) — Um kriegsunwillige GIs in Ruhe nach Saudi-Arabien schicken zu können, schreckt die US-Army auch vor der Sicherheitsverwahrung der Ehefrau nicht zurück. Als sich der 34jährige US- Staff-Sergeant Robert Dean White von der Panzerdivision Ansbach- Katterbach standhaft weigerte, in den Krieg am Golf zu ziehen, da seine Frau ständige Betreuung benötigt, wurde zunächst er inhaftiert. Dann wurde seine Ehefrau Anita auf Betreiben der US-Army für mehr als zwei Wochen im US-Hospital in Nürnberg eingeschlossen. Jetzt droht White, mit Gewalt in die Wüste verfrachtet zu werden. „Kein Kommentar“, schweigt der Sprecher der Streitkräfte in Ansbach, Egmond Brosel.

Schon im November machte der US-Sergeant seinen Vorgesetzten klar, daß er unter keinen Umständen nach Saudi-Arabien wolle. Auf Anraten der Vorgesetzten suchte das Ehepaar bereits im Nobember einen Psychiater im US-Hospital auf. Bei dem zweiten Gespräch am 20. Dezember legten die Ärzte einen von der US-Army beim Amtsgericht Nürnberg erwirkten Unterbringungsbeschluß vor. Amtsrichter Schoepke ordnete darin für die Frau Sicherheitsverwahrung bis einschließlich 31. 1. 91 an. Gleichzeitig wurde US-Seargent White inhaftiert. Seit Weihnachten besitzt er keine Bürgerrechte mehr, Paß und Führerschein wurden ihm abgenommen. Seitdem steht er auf dem Kasernengelände unter Hausarrest und wartet auf die Entscheidung, ob er notfalls mit Handschellen in das Krisengebiet verfrachtet werden soll.

Für die US-Pazifistenorganisation „Military Counseling Network“, die kriegsunwillige GIs berät, ist White kein Ausnahmefall. So wurden in Mainz, Aschaffenburg und Friedberg stationierte GIs bereits Anfang Januar gewaltsam nach Saudi-Arabien verschleppt. Die Organisation hält die bekanntgewordenen Fälle jedoch nur für die „Spitze des Eisbergs“. Aus Furcht vor Desertionen sei die Army zudem generell dazu übergegangen, drei Tage vor Abflug der Einheiten eine Ausgangssperre zu verhängen.

Am 5. Januar wurde Whites Frau wieder aus dem US-Hospital entlassen. Ihr Rechtsanwalt Hans-Olaf Argens hegt Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. So waren an dem Unterbringungsbeschluß nur Army-Angehörige beteiligt. Anita White ist jedoch deutsche Staatsangehörige, ein Arzt ihres Vertrauens wurde ebenfalls nicht hinzugezogen. Argens vermutet: Whites Ehefrau sollte den Abtransport ihres Mannes nach Saudi-Arabien nicht stören oder für Aufsehen sorgen können. Jetzt soll sie auch noch die Kosten für die Zwangsunterbringung selbst tragen. Der US-Seargent hofft nun auf ein Einlenken der Army; seiner Frau wäre es am liebsten, wenn er unehrenhaft entlassen werden würde.

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