: „Alte Bundesländer unerträglich geizig“
■ Diepgen fordert Umverteilung von Geldern nach Ostdeutschland
Berlin (taz) — In den Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition im Berliner Senat biegen CDU und SPD jetzt auf die Zielgerade ein. Noch in dieser Woche werde man über Ressort- und Personalfragen sprechen können, sagte der designierte Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) am Samstag im Anschluß an die achte Verhandlungsrunde. Auch der amtierende Regierende Bürgermeister Walter Momper (SPD) bestätigte, man sei in den Sachfragen „sehr weit gediehen“.
Heute wollen beide Parteien in einer weiteren Verhandlungsrunde Haushaltsfragen erörtern. Angesichts des Milliardenlochs im Teilhaushalt für den Ostteil der Stadt forderte Eberhard Diepgen eine „Verschiebung“ von Mitteln der alten Bundesländer zugunsten der ostdeutschen Staaten.
Es sei „unerträglich“, daß die westdeutschen Länder „auf allem sitzen“, was ihnen einigungsbedingt an Einnahmen zugefallen sei. Berlin halte trotzdem an seinem Rechtsanspruch auf Bonner Haushaltszuschüsse fest, versicherte Diepgen. Auch an den Positionen in Bonn müsse sich „einiges noch verändern“. Als einziger zeige dort Bundeskanzler Kohl „Sensibilität“ für die Finanzprobleme der ostdeutschen Länder. Einen Durchbruch erzielten CDU und SPD am Samstag auf den Feldern der Innen-, Justiz- und Ausländerpolitik. Die ursprünglich von der CDU gewünschte Bundesratsinitiative zur Änderung des Asylrechtsartikels im Grundgesetz wird es demnach nicht geben. „Vollständig verständigt“ habe man sich in der Justizpolitik, sagte Momper. So plädieren beide Parteien für die Einrichtung einer Zentralstelle zur „Aufklärung und Verfolgung von Verbrechen des SED-Staates“. Diese Einrichtung sollte vom Bund und den Ländern getragen werden, mit Sitz in Berlin.
Die unter Rot-Grün abgeschaffte politische Abteilung der Staatsanwaltschaft werde nicht wieder aufleben, sagte Momper weiter. Lediglich eine „geringfügige Ausweitung“ der bereits von SPD-Justizsenatorin Limbach installierten Sonderzuständigkeiten für schwere und Gruppenkriminalität sowie Landfriedensbruch sei geplant. Als mögliche Termine für die Bildung des CDU/SPD-Senats nannte Eberhard Diepgen den 24. und den 25.Januar.
Neben einigen nach wie vor strittigen verkehrspolitischen Themen gebe es in den Koalitionsverhandlungen nur noch zwölf Dissenspunkte, sagte Momper. Dazu zählt nach seinen Angaben die von der SPD angestrebte Bundesratsinitiative zum Schwangerschaftsabbruch, das von der CDU verteidigte Deutsche Historische Museum sowie der Bau einer innerstädtischen Stromtrasse. Hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen