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“Frustriert, ohne Groll“

■ Kunsthändler und Galerist Uwe Michael kehrt Bremen den Rücken / Elite hat's schwer

Aus. Vorbei. Die Remberti-Galerie ist weg. Mutiert zum Schaufenster.Foto: Sabine Heddinga

“Kunst verläßt Bremen.“ Uwe Michael sinniert inmitten hunderter eingepackter Bilder, während Spezialisten einer Kunst-Transportfirma die Hartungs, Dubuffets, Ueckers und Vostells im LKW verstauen, Ziel: Darmstadt. Mit Uwe Michael verläßt eine weitere wichtige Figur der Bremer Kunstszene die Stadt. Während Chris Steinbrecher in Potsdam voll in die Ostkunst einsteigt, setzt Michael auf den boomenden Großraum Frankfurt.

Nach 15 Jahren Kunsthandel, Ausstellungsaktivitäten und Galerie im Fedelhören (einschließlich der „Remberti-Galerie“) kehrt Michael mit zwei Lastzügen der Stadt den Rücken, die als „Sprungbrett“ taugte, ihm aber jetzt „zu eng“ ist: vielfach frustriert, aber „ohne Groll“.

Der Konflikt zwischen Kunst und Kommerz bestimmte Michaels Biografie schon früh. Er studierte Malerei, Bildhauerei und Kunstgeschichte. Als graduierter

Designer schloß er ab. Die Entscheidung, Kunst zu machen oder zu verkaufen, löste er zum Handel hin auf und begann 1975 in Bre

men mit Möbeldesign und Jugendstilobjekten. Sein eindeutiges Bekenntnis zum Kommerz brachte ihm in Bremen reichlich Anfeindungen ein: „Hier unter den Galeristen ist es Sitte, sich weit vom Kommerz zu distanzieren.“ Unter dem Etikett „idealistisch“ werde das reine soziale Engagement vorgegeben.

Kunsthandel Michael war erfolgreich, machte große Ausstellungen von museumsreifem Zuschnitt, die BRD-weit auf Tournee gingen und baute einen millionenschweren Bestand auf. Zu den Highlights zählt Michael seine Colette- und Helnweinausstellungen ('87); Bauhaus und Cobra ('88); ZEN 49, Hartung und Uecker ('89) und Eduardo Arroyo ('90).

Sein Engagement in Bremen will Michael nicht an die große Glocke gehängt wissen, etwa wenn er die aufsehenerregende Helnwein-Aktion „Der Untermensch“ finanzierte oder Wohltäter der Kunsthalle, des Forums Böttcherstraße und der Gesellschaft für aktuelle Kunst war.

Und doch: immer wieder betont er die „Anfeindungen“, denen er in Bremen ausgesetzt war. In sein Gesicht steht der Bremenfrust geschrieben. Deshalb läßt er in Bremen noch etwas Schimpf zurück: Als Stadt mit „ganz schlechtem Image“ in Kunstkreisen sei das Kaufpublikum konservativ, Publikum von außerhalb gebe es nicht, und die alternative Szene blockiere fortschrittliche Ideen, sei „kleindenkerisch-ideologisch“ und ohne Mut zu Neuem. „Alles, was elitär erscheint, wird nicht akzeptiert.“ Dem Museum Weserburg gibt er nur begrenzte Chancen, es werde auf „Sparflamme“ gehalten werden: „Bremen wird sich in den nächsten Jahren kulturell nicht entwickeln.“

In Darmstadt bezieht Uwe Michael die „Villa Strack“ nahe der Mathildenhöhe, eine exquisite Immobilie mit Garten und skulpturgeeigneten Terrassen. In Bremen bleibt nichts zurück. Die Ex- Remberti-Galerie wird ein Bilderrahmenladen, das Haupthaus gegenüber dem Staatsarchiv wird Handelshaus.

Eine Erinnerung bleibt: Das Schaufenster soll bis auf weiteres der Hochschule für Künste zur Verfügung stehen. Burkhard Straßmann

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