: Gorbatschow: Ich habe nichts gewußt
■ Allein die örtlichen Militärs sollen den Einsatz in Litauen verantworten/ USA erwägen Wirtschaftssanktionen/ EG droht mit Aussetzung des Kooperationsabkommens/ Valentin Pawlow zum neuen Ministerpräsidenten gewählt
Moskau (adn/ap/taz) — „Ich habe von den tragischen Ereignissen erst am frühen Sonntag morgen erfahren“, rechtfertigte sich der sowjetische Präsident Gorbatschow am Montag am Rande der Sitzung des Obersten Sowjets. Auch Verteidigungsminister Jasow hat angeblich vom militärischen Vorgehen gegen Demonstranten in Litauen nichts gewußt. Der Einsatz soll allein vom Stadtkommandanten in Vilnius zu verantworten sein.
Das Zustandekommen des sowjetisch- amerikanischen Gipfeltreffens Mitte Februar in Moskau ist wegen der Vorgänge in Litauen fraglich geworden. Zudem erwägen die USA Wirtschaftssanktionen gegen die UdSSR. Das sagte am Montag in Washington der Sprecher des Weißen Hauses Marlin Fitzwater. Er erklärte, die neuen amerikanisch-sowjetischen Wirtschaftsbeziehungen stünden auf dem Spiel. Auf die Frage, ob ein amerikanisches Getreidelieferungsembargo denkbar sei, erwiderte er, dies werde geprüft. Die EG-Außenminister drohten gestern damit, das Kooperationsabkommen mit der Sowjetunion auszusetzen, wenn Moskau weiter gegen Litauen vorgehe; nur die humanitäre Hilfe solle davon ausgenommen sein.
Während sich die Situation in Litauen selbst etwas entspannte, hat die Diskussion über die Absichten der Militärs in allen Republiken begonnen. In Moskau, Riga und Kiew demonstrierten am Sonntag und gestern Zigtausende gegen einen drohenden Militärputsch und in Solidarität zu Litauen. Mißtrauisch macht viele Bürger, die sich in der demokratischen Bewegung engagieren, daß sowohl in Riga wie auch in anderen Städten „Komitees zur nationalen Rettung“ gebildet wurden. In Riga forderte das Komitee das Parlament ultimativ auf, sich aufzulösen.
Auf der Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR ist der ehemalige Finanzminister Valentin Pawlow als neuer Ministerpräsident bestätigt worden. Pawlow ist damit Nachfolger Ryschkows und gilt als ein Mann Gorbatschows. SEITEN 2 UND 3
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